A N Z E I G E

Präsidentschaft von Joe Biden (2021 - 2025) / US-Politik #1


  • Völliger Unsinn, so ein Unterschied gibt es nicht!


    Beispiel 1.: Ein Kind aus einer christlichen Familie muss in der Schule die Evolutionstheorie lernen.

    Beispiel 2.: Ein Kind aus einer islamischen Familie muss am Schwimmunterricht teilnehmen.

    Beispiel 3.: Jüdische oder islamische Mitbürger dürfen z.B. nicht den von ihrer Religion verpflichtenden Ruhetag einhalten. Der säkulare Staat gibt einen Tag vor, an dem sich alle halten müssen.


    Ich könnte die Liste ewig fortsetzen. Fakt ist, eine Religion ist nicht nur was spirituelles. Es ist viel mehr eine Lebensordnung, wozu auch Gesetze dazu gehören. Ein Jude will nach der Halacha leben, ein Muslim nach der Scharia. Dürfen beide nicht, noch eine andere Religionsgemeinschaft. Der säkulare Staat gibt dir seine eigenen Gesetze, oder besser gesagt es zwingt es den religiösen Menschen auf.

  • A N Z E I G E
  • Und du willst ernsthaft die These aufstellen das die Sharia oder die Bibel, wenn sie für alle gelten, Ein ebenso legitimer Eingriff wären, wie das Leben unter den Gesetzen eines demokratisch verfassten Rechtstaates?


    Ein Rechtsstaat legt seinen Bürgern Gesetze auf, nachdem er in demokratischen Wahlen durch den Souverän ( alle Staatsbürger) dazu legitimiert wurde.

    Diese Gesetze werden von ebenso demokratisch gewählten Vertretern laufend debattiert und angepasst.

    Das heißt alle Bürger nehmen durch die Wahl am Prozess der Gesetzesgebung teil.


    Welche Legitimation hat die Bibel oder der Koran?

    Das Mohammed geträumt hat das Gott ihm Gesetze diktiert.

    Und die Bibel das sie angeblich Wahrheitsgetreu die Schöpfungsgeschichte und die Wunder Jesu nacherzählt.


    Welche Legitimation scheint dir stärker und vernünftiger?

    Eine Wahl aller Bürger einer Gesellschaft, oder ein Traum und Hörensagen?



    Unter welchen Gesetzen ist es vernünftiger zu Leben?

    Ein Konsens aller Bürger, oder tausend Jahre alte Volksmärchen und Legenden, die mittlerweile empirisch widerlegt wurden?

  • Noch mehr Absolutismen gehen ja fast gar nicht mehr, puh.

    Das hat schon was von religiösem Fanatismus und wirkt auf mich arg gefährlich.

    Ob die eigene Religion eine Lebensordnung ist oder nicht, entscheiden die Leute immer noch selbst und für sich. Nicht jeder Jude lebt nach der Halacha, nicht jeder Muslim nach der Scharia und nicht jeder Christ nach den 10 Geboten und der Bibel. Du redest von Fundamentalisten, aber die machen nunmal nicht die Mehrheit der Religionsangehörigen aus. Jeder Mensch hat das Recht seine Religion so auszuleben, wie er/sie möchte, solange sie nicht gegen die Gesetze im eigenen Land verstoßen. Wenn man da jetzt aufschreien will, dass man durch den Staat unterdrückt wird, weil man bestimmte menschenverachtende/-unterdrückende Riten/Traditionen nicht mehr ausüben darf, ist irgendwas falsch.

    Solche fundamentalistischen Gottesstaaten gibt es zum Glück kaum auf der Welt.

  • Und du willst ernsthaft die These aufstellen das die Sharia oder die Bibel, wenn sie für alle gelten, Ein ebenso legitimer Eingriff wären, wie das Leben unter den Gesetzen eines demokratisch verfassten Rechtstaates?

    Du betitelst diesen Staat nur als Rechtsstaat, weil es deiner Weltanschauung entspricht. Ein Christ oder Muslim würde dem nicht zustimmen. Für einen Christ ist ein christlicher Staat und für einen Muslim ein islamischer Staat ein Rechtsstaat.


    Zitat von Im back

    Ein Rechtsstaat legt seinen Bürgern Gesetze auf, nachdem er in demokratischen Wahlen durch den Souverän ( alle Staatsbürger) dazu legitimiert wurde.

    Das ist deine persönliche/säkulare Definition eines Rechtsstaates. Eine universelle gibt es nicht. Jeder Mensch/Gemeinschaft hat seine eigene.


    Zitat von Im back

    Welche Legitimation hat die Bibel oder der Koran?

    Die Legitimation ergibt sich daraus, das es Menschen gibt die dieser Weltanschauungen eine Legitimation zusprechen. Genau wie beim Säkularismus. Dementsprechend sind beide Forderungen gleich Legitim.


    Dir müssen andere Weltanschauungen nicht gefallen, sie können dir auch sehr unvernünftig erscheinen. Die Gegenseite denkt das gleiche über deine Standpunkte. Fakt aber ist, das jeder Recht auf seine Meinung hat und darauf wie er sein Leben und die Welt gestalten möchte. Es ist also Legitim das sich Menschen politisch für ihre Überzeugungen einsetzen. Auch wenn diese Überzeugungen religiöser Natur sind.

  • Immer mehr Unternehmen kündigen jetzt an dir Reisekosten der Arbeiter zu bezahlen falls sie wegen einer Abtreibung in einen anderen Staat müssen.


    Achja unser aller Lieblingsbürgermeister hat natürlich auch was dazu zu sagen.leider.


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  • Britt Baker hatte darauf eine der passendsten Antworten parat.^^


    Zu dem Post darüber noch: Es mag ja richtig sein, dass sich jede Person für seine Überzeugungen politisch einsetzen kann. Jedoch gibt es da auch ein großes Aber, was unterschlagen wird. Diese Überzeugungen müssen im Einklang mit dem Recht und Gesetz des jeweiligen Staates stehen, Menschenrechte kommen noch hinzu.

    Das ist alles viel zu schwarz/weiß, simpel und nicht zuende gedacht.

    Wer sind eigentlich die Christen und die Muslime? Das ist doch keine homogene Masse oder sind alle Gläubigen, die einen Rechtsstaat als diesen anerkennen, keine richtigen Gläubigen mehr und nur wer einen fundamentalistischen Gottesstaat will, ist ein "echter" Christ/Muslim etc.?

    Dass es anscheinend ausreicht, wenn irgendwer irgendetwas Legitimation zuspricht und das so funktioniert, dürfte Leute wie "König" Fitzek freuen, ist aber fernab jeglicher Realität.

    Tut mir Leid, ich bin aus der Diskussion raus. Das ist fundamentalistischer Weltanschauungs Nonsense, Absolutismen und "ich glaube/will das so, also ist das so" Argumentation, wogegen man wohl nicht ankommen wird.

  • Die Gründerväter der USA haben in ihrer Unabhängigkeitserklärung Staat und Kirche getrennt.


    Was für eine traurige Ironie


    Die Trennung von Staat und Kirche hat doch gar nichts mit dem Urteil zu tun. Das Problem ist, dass es in der US-Verfassung vom 17. September 1787 bis heute kein Grundrecht auf einen Schwangerschaftsabbruch gibt. Im deutschen Grundgesetzt steht meines Wissens auch kein solches Grundrecht.


    Auch muss man fragen, warum die Demokraten bei früheren Mehrheiten nie ein bundesweites Gesetz erlassen haben. z.B. unter Bill Clinton oder unter Obama. Letztlich haben sich alle Regierung seit 1973 mit dem damaligen Präzidenzfall zufriedengegeben. Und das rächt sich nun leider!


    Nur das Bibel-Bashing kann man sich hier schenken. Joe Biden ist übrigends auch Katholik und ihm schmeckt ja dieses Urteil überhaupt nicht.


  • Die Ironie ist dir natürlich nicht bewusst, oder?


    Beispiel 1: Sollen Kinder aus buddhistischen und hinduistischen Familien dann die abrahamitischen Schöpfungen lernen? Davon ab ist die Evolutionstheorie eine wissenschaftliche Theorie, die auf wissenschaftlichen Fakten beruht, nicht auf religiöser Fiktion wie irgendwelche Schöpfungsmythen. Es ist auch nicht Aufgabe des Staates, religiöse Lehren zu verbreiten. Das können die Religionen selbst - was sie auch tun. Es ist idealerweise Aufgabe des Staats, allgemeingültige Lehrpläne unabhängig von allen Religionen zu erstellen, die entweder auf wissenschaftlichen Fakten beruhen oder aber alle Religionen gleich behandeln.

    Wenn du jetzt aber allen Ernstes Schöpfungsmythen mit der Evolutionstheorie GLEICHSTELLEN willst, machst du dich lächerlich.


    Beispiel 2: Für ein männliches Kind aus einer islamischen Familie stellt dies keinerlei Problem dar. Die Geschlechterdiskriminierung in bestimmten islamischen Familien ist also hier nicht das Problem? Und selbst wenn du das okay findest, es gibt auch Ganzkörperanzüge, in denen islamisch erzogene Mädchen Sport treiben können. Hier greift aber für mich vor allem das Problem, dass manche Religionen ein sehr problematisches Bild in Sachen Diskriminierung abgeben, und die Frage, warum und ob man dies akzeptieren muss.


    Beispiel 3: Der Sonntag, der als Feiertag gilt, ist ein religiös bestimmter Ruhetag in unserer Gesellschaft. Hier sehe ich aber eher ein kapitalistisches Problem - in einer 4-Tage-Woche wäre es für jeden einfacher möglich, seine Arbeit um seinen persönlichen Ruhetag zu legen - ob man diesen nun "säkular" oder religiös bestimmt, sollte hier keinerlei Einfluss haben, da viele Tätigkeiten ja eh Montag bis Freitag ausgeübt werden - ein Tag mehr sollte nun so ziemlich jedes Bedürfnis für einen Ruhetag befriedigen können, wenn jeder mehr Flexibilität hat.


    Religiöse Gesetze haben sich in einem säkularen Staat - und selbst in einem pluralistischen Staat - nun mal unterzuordnen, sonst wäre ein Miteinander unmöglich. Im Zuge dessen können Religiöse aber sehr wohl nach ihren Regeln leben - insofern diese jene des pluralistischen Staats nicht verletzen, denn diese haben Vorrang. Da brauchst du nicht mal einen säkularen Staat für. Wie soll es denn sonst funktionieren? Soll dann jeder nach seinen eigenen Wertvorstellungen leben? Hier eine islamisch-gemäßigte Kommune, dort christliche Extremisten, hier atheistische Kommunisten, dort jüdische Libertäre, und jeder hat seine eigenen Gesetze?


    Davon ab - ein Rechtsstaat hat schon eine bestimmte Definition. Die Grundrechte sind Teils des Rechtsstaats, und gemeinhin zählt dazu die Religionsfreiheit. Der Clou - zur Religionsfreiheit gehört auch die Freiheit von Religion. In christlichen oder muslimischen Staaten findest du diesen Grundsatz eben nicht.


    Weshalb mein Beispiel immer noch passt:

    Abtreibungen sollten erlaubt sein, aber niemand muss abtreiben vs sie sind für alle verboten.

    Sprich - ein Abtreibungsverbot beschneidet die Rechte vieler Frauen, Abtreibungen erlauben beschneidet die Rechte von keiner einzigen Frau.



    Die Trennung von Staat und Kirche hat doch gar nichts mit dem Urteil zu tun. Das Problem ist, dass es in der US-Verfassung vom 17. September 1787 bis heute kein Grundrecht auf einen Schwangerschaftsabbruch gibt. Im deutschen Grundgesetzt steht meines Wissens auch kein solches Grundrecht.


    Auch muss man fragen, warum die Demokraten bei früheren Mehrheiten nie ein bundesweites Gesetz erlassen haben. z.B. unter Bill Clinton oder unter Obama. Letztlich haben sich alle Regierung seit 1973 mit dem damaligen Präzidenzfall zufriedengegeben. Und das rächt sich nun leider!


    Nur das Bibel-Bashing kann man sich hier schenken. Joe Biden ist übrigends auch Katholik und ihm schmeckt ja dieses Urteil überhaupt nicht.

    Was in den USA "bible basher" sind, weißt du schon, oder?

    Erklärung: "a person who expounds or follows the teachings of the Bible in an aggressively evangelical way." ^^

    Unglücklicher Begriff. ;)


    So zu tun, als wären es nicht genau diese religiösen Extremisten, die schon seit Jahrzehnten die USA zum christlichen Gottesstaat umwandeln wollen, ist naiv. Das ist Teil des Plans, und diese Entscheidung wird noch eine der harmloseren sein, wenn man nur mal an die nächsten Wahlen denkt.


    Dass die Katholiken in den USA zu den weltoffenen Anschauungen gehören, könnte man auch wissen.


    Die Kritik an den Demokraten ist berechtigt, allerdings ist hier das Problem, dass eben diese Demokraten immer zu kompromisswillig waren, selbst wenn sie mal entsprechende Mehrheiten hatten. Sehr anzulasten ist ihnen aber auch, dass Bader Ginsburg nicht unter Obama zum Rücktritt gebeten wurde. Da haben die Demokraten schlicht gepennt. Das rächst sich nun, allerdings sehe ich bei den zentristischen Demokraten eh zu wenig Impulse, sich den theokratischen Plänen entgegenzusetzen.

  • Die Gründerväter der USA haben in ihrer Unabhängigkeitserklärung Staat und Kirche getrennt.


    Was für eine traurige Ironie

    In erster Linie haben die Gründerväter ihre Waffen gesammelt um mit semi-automatic Rifles die Briten zu vertreiben.


    Also nach dem was Bobby Joe und Maggie Mae aus Mullens, West Virginia gehört haben. Die glauben aber auch, dass die Welt vor 5000 Jahren geformt wurde und Adam & Eva in Jackson County, Alabama gelebt haben und Demokraten Satan anbeten, weil ihr Televangelist das von sich gab, nachdem er davon sprach bestimmte Minderheiten ausrotten lassen zu wollen.

  • A N Z E I G E
  • Ich hab so das Gefühl, einigen hier ist nicht bewusst, wie radikalisiert die christlichen Extremisten in den USA eigentlich sind. "American taliban" ist da keine Übertreibung, wenn man sich mal so anhört, was eigentlich von einigen Kanzeln gepredigt wird.

  • Ich hab so das Gefühl, einigen hier ist nicht bewusst, wie radikalisiert die christlichen Extremisten in den USA eigentlich sind. "American taliban" ist da keine Übertreibung, wenn man sich mal so anhört, was eigentlich von einigen Kanzeln gepredigt wird.

    Und es sind keine Anführer irgendwelcher Hinterland-Sekten, diese Leite haben weitreichende Kontakte in die Republikanische Partei, werden von Trump in Vorwahlen unterstützt.

  • Hier ein passender Kommentar von der Tagesschau.


    Das trifft es sehr gut. Und das findet sich auch hier in diesem Thread wieder. Auch hier sind extremistische und höchstunsachliche Ansichten in der Mehrheit. Hat eigentlich irgendjemand hier sich mal ernsthaft mit dem Urteil auseinander gesetzt? Einen einzigen Satz davon gelesen? Weiß überhaupt jemand, was in Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization entschieden wurde? Weiß jemand, was Roe v. Wade aussagt? Kennt jemand die amerikanische Verfassung? Alles egal, weil der Feind immer Unrecht hat. Ich bin einer von den Guten und ich muss jetzt einfach mal den Supreme Court niederbrennen, weil das sind ja auch alles Feinde, religiöse Fundamentalisten. Was soll das eigentlich?


    Falls irgendjemand hier noch zugänglich für Fakten ist, mal kurz ein paar Sätze zu Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization:


    Worum ging es im eigentlichen Fall? Der Supreme Court hatte zu entscheiden, ob ein Abtreibungsgesetz aus Michigan verfassungskonform war. Der wichtigste (und potentiell verfassungswidrige) Absatz aus diesem Gesetz lautet:


    Except in a medical emergency or in the case of a severe fetal abnormality, a person shall not intentionally or knowingly perform, induce, or attempt to perform or induce an abortion of an unborn human being if the probable gestational age of the unborn human being has been determined to be greater than fifteen (15) weeks.


    Also im Prinzip sagt das Gesetz, dass Schwangerschaftsabbrüche (mit Ausnahmen) nach der 15. Woche nicht mehr erlaubt sind. Zum Vergleich: In Deutschland ist das bereits nach der 12. Woche der Fall. Es geht also um ein Gesetz, das relativ ähnlich der Rechtslage in Deutschland ist, nur dass Schwangerschaftsabbrüche 3 Wochen länger erlaubt sind als in Deutschland (plus wirklich auch de jure erlaubt und nicht nur straffrei). Also ein Gesetz, dass viele eher als "liberaler" als das deutsche Gesetz bezeichnen würden. (Ich halte den Begriff liberal in dem Zusammenhang für falsch, aber egal.) Die Frage ist: Verbietet die amerikanische Verfassung ein solches Gesetz? Und mit dieser Frage musste sich der Supreme Court auseinandersetzen.


    Was steht jetzt in der US-Verfassung, das dieses Gesetz (oder das deutsche Abtreibungsrecht und viele ähnliche Regelungen weltweit) verbieten könnte? Auf den ersten Blick sehr schwierig da etwas zu finden. In der US-Verfassung gibt es z.B. kein unmittelbares Recht auf körperliche Unversehrtheit, was in der deutschen Verfassung sehr relevant ist für das Selbstbestimmungsrecht der Frau in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche. Es ist kaum möglich, etwas aus der US-Verfassung herauszulesen, dass solche Gesetze verbietet. 1973 hat der Supreme Court aber etwas gefunden beim Fall Roe v. Wade. Das "right to privacy", das Recht auf Privatsphäre. Wo steht das in der Verfassung? Erstmal gar nicht. Der wichtigste Fall, wo das Recht auf Privatsphäre erstmals wirklich fundamental konstituiert wurde ist Griswold v. Connecticut im Jahr 1965. (In dem Fall ging es um ein Verbot von Verhütungsmitteln.) Wo hat der Supreme Court da dieses Recht auf Privatsphäre entdeckt? Ihr könnt gerne selber suchen, aber ich gebe euch einen Tipp, wie wärs z.B. mit dem 3. Zusatzartikel? Da heißt es:


    No Soldier shall, in time of peace be quartered in any house, without the consent of the Owner, nor in time of war, but in a manner to be prescribed by law.


    Ihr findet es immer noch nicht? Das liegt daran, dass ihr auf den Text selbst schaut. Das Recht auf Privatsphäre aber findet man gar nicht im Text, sondern im "Halbschatten". Im "Halbschatten" einiger Zusatzartikel, wie z.B. dem dritten, nach dem ein Soldat sich in Friedenszeiten nicht ohne Zustimmung des Eigentümers in dessen Haus einquartieren darf. Es braucht schon eine gewisse Fantasie, um Gesetze, die Abtreibung und Verhütung regeln, damit entfernt in Verbindung zu bringen. Aber der Supreme Court hatte diese Fantasie. Ihm fiel allerdings später durchaus auf, dass das möglicherweise ein bisschen zu fantasievoll war. Entsprechend hat er diese Halbschatten-Herleitung später wieder aufgegeben (ohne dabei Griswold v. Connecticut jemals zu overrulen). Seither leitet er das Recht aus Privatsphäre aus der sogenannten "Due-Process-Clause" des 14. Zusatzartikels her. Das im Kern ein Justizgrundrecht, in dem es heißt: " (...) nor shall any State deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law (...)". In Bezug auf den Freiheitsentzug entspricht das in etwa Artikel 104 unserer Grundgesetzes – der natürlich bei den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch kein einziges mal erwähnt wurde. Roe v. Wade stützt sich dagegen eben allein auf diesen bzw. auf den "Halbschatten" von Zusatzartikeln wie dem dritten. Und daraus leitete der Supreme Court nicht nur ab, dass es Regelungen geben muss, die Schwangerschaftsabbrüche erlauben, sondern dass jedes Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche früher als bis zur 28. Woche verbietet, verfassungswidrig ist. (Das wurde später 1992 in Planned Parenthood v. Casey auf 24 Wochen verkürzt.) Damit wäre auch das Gesetz aus Michigan, das Schwangerschaftsabbrüche in der Regel nur bis zur 15. Woche erlaubt, verfassungswidrig – genauso wie das deutsche Abtreibungsrecht und fast alle Abtreibungsgesetze in der EU. Und das alles auf der Rechtsgrundlage, dass sich ein Soldat nicht in fremde Häuser einquartieren darf und dass Freiheitsentzug ohne ordentliches Gerichtsverfahren verboten ist.


    Jetzt hat der Supreme Court in Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization entschieden, dass ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche nicht auf dieser Rechtsgrundlage hergeleitet werden kann, sondern dass es in der Verfassung kein solches Recht gibt. Der Supreme Court hatte keine Grundlage und keine Legitimation ein solches Recht zu schaffen. In einem demokratischen Rechtsstaat ist das Aufgabe der demokratisch legitimierten Volksvertreter. Das hat der Gesetzgeber in Michigan getan und die Verfassung verbietet das nicht.


    Soweit die Fakten. Noch ein paar weitere subjektive Gedanken dazu:


    Gerade wenn man dem Supreme Court misstraut, sollte man eigentlich befürworten, dass es ihm nicht erlaubt sein sollte, neues Recht zu schaffen. In der Gewaltenteilung ist das Aufgabe der Legislative. Sie hat auch eine stärkere demokratische Legitimation. Auch in einem Common-Law-System muss die Macht der Gerichte darauf beschränkt sein, die Anwendung von Gesetzen zu überprüfen und Gesetze auszulegen. Da können Gerichte zwar Case Law schaffen, aber auf Basis der geschriebenen Gesetze. Ein Gericht darf nicht entgegen der Gesetze entscheiden, nur weil es diese für falsch hält.


    Die Macht eines Verfassungsgerichts muss darauf beschränkt sein, die Verfassung auszulegen. Dabei muss es gerade bei einer so alten Verfassung wie die der USA einen breiten Spielraum haben, um sie passend auf Sachverhalte anwenden zu können, die bei ihrer Entstehung noch nicht vorhersehbar waren. Aber auch ein Verfassungsgericht darf keine neuen Grundrechte schaffen, wenn sie in der Verfassung nicht angelegt sind. Selbst dann nicht, wenn es glaubt, dass es ein solches Grundrecht geben sollte. Das ist Aufgabe des verfassungsändernden Gesetzgebers.


    In arguing for a constitutional right to abortion that would override the people’s choices in the democratic process, the plaintiff Jackson Women’s Health Organization and its amici emphasize that the Constitution does not freeze the American people’s rights as of 1791 or 1868. I fully agree. To begin, I agree that constitutional rights apply to situations that were unforeseen in 1791 or 1868— such as applying the First Amendment to the Internet or the Fourth Amendment to cars.


    Moreover, the Constitution authorizes the creation of new rights—state and federal, statutory and constitutional. But when it comes to creating new rights, the Constitution directs the people to the various processes of democratic self-government contemplated by the Constitution—state legislation, state constitutional amendments, federal legislation, and federal constitutional amendments. (...)


    The Constitution does not grant the nine unelected Members of this Court the unilateral authority to rewrite the Constitution to create new rights and liberties based on our own moral or policy views. As Justice Rehnquist stated, this Court has not “been granted a roving commission, either by the Founding Fathers or by the framers of the Fourteenth Amendment, to strike down laws that are based upon notions of policy or morality suddenly found unacceptable by a majority of this Court.


    Die Grenze zur eigenen Gesetzgebung des Gerichts wurde in Roe v. Wade überschritten. Sicherlich in guter Absicht, aber juristisch nicht haltbar. Dazu hat Roe v. Wade nicht das geschafft, was das Bundesverfassungsgericht in Deutschland geschafft hat: Eine schwierige und aufgeheizte Debatte zu befrieden und einen gesellschaftlichen Konsens zu fördern. Das Gegenteil war der Fall, wie auch jetzt im Urteil richtig angemerkt:


    Roe was egregiously wrong from the start. Its reasoning was exceptionally weak, and the decision has had damaging consequences. And far from bringing about a national settlement of the abortion issue, Roe and Casey have enflamed debate and deepened division


    Hätte man in Roe v. Wade einfach nur ein generelles Recht anerkannt, wäre Raum gewesen für einen gesellschaftlich tragfähigen Kompromiss. Aber allein in der Sache war der Kompromiss, der in Europa gefunden wurde gar nicht erst möglich. Die ganzen europäischen Abtreibungsgesetze hätten in den USA so niemals diskutiert werden können, weil sie verfassungswidrig gewesen wären. Allein schon deshalb, weil der Supreme Court so weit ging, keine Einschränkungen vor dem dritten Trimester zuzulassen. Das hat sämtliche Kompromissdebatten von vorne herein im Keim erstickt. Wer für eine Kompromissregelung nach europäischem Vorbild war, mit einer Frist irgendwo zwischen 10 und 20 Wochen, musste eine verfassungswidrige Forderung erheben und musste gegen Roe v. Wade sein. Wer aber gegen Roe v. Wade war musste gleichzeitig das dort eingeführte grundsätzliche Recht auf Abtreibung angreifen. Wer das nicht wollte, musste wiederum mit den 28 Wochen leben. Und so ließ Roe v. Wade keinen Raum für die Mehrheit der Gesellschaft und alle wurden in ein Schwarz/Weiß-Schema gepresst. Und diese katastrophalen gesellschaftlichen Folgen ziehen sich bis heute. Roe v. Wade war eine doppelte Katastrophe. Juristisch eines der schwächsten Urteile in der Geschichte des Supreme Courts, eine Überschreitung der Macht des Supreme Courts und eine Verletzung der Gewaltenteilung und demokratisch-rechtsstaatlicher Grundsätze. Und gesellschaftlich durch die ausufernde Regelung nicht befriedend, sondern spaltend.


    Insofern ist es die einzig richtige Entscheidung des Supreme Courts, diesen historischen Fehler endlich zu korrigieren. Es ist viel zu spät. Grundsätzlich würde das jetzt die Chance für eine gesellschaftliche Debatte bieten, um das zu schaffen, was andere Länder geschafft haben – einen Kompromiss zu finden, der befriedet. Es erscheint natürlich fraglich, ob eine solche Debatte jetzt überhaupt noch vernünftig möglich ist, an deren Ende ein Kompromiss steht, der dann eventuell auch in der Verfassung verankert werden könnte. Aber so aussichtslos das erscheint, darf das keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts haben, auch wenn es das Gericht selbst war, dass die Spaltung in extreme Positionen mitverursacht hat. Es darf nicht wegen den Folgen seines Fehlers daran festhalten, sondern muss ihn beseitigen und die Chance bieten, eine bessere Lösung in der Zukunft zu finden. Selbst wenn es jetzt nicht möglich ist, vielleicht ja in 10 Jahren.

  • Diese Entscheidung beraubt Millionen Frauen ihrer Rechte. Angesichts der verheerenden Folgen sind mir jegliche juristischen Feinheiten gelinde gesagt scheißegal.


    Aus juristischer Sicht mag das ja alles richtig sein, aber die Folgen des Urteils sollte man nicht außer Acht lassen. Vor allem im heutigen politischen Klima und angesichts sehr vieler sehr konservativ besetzter Gerichte in vielen Staaten halte ich es für naiv, dass dieses Gericht nicht noch wesentlicher weiter gehen wird.


    In ein paar Jahren reden wir dann vielleicht wieder über Segregation.

    2 Mal editiert, zuletzt von Skyclad ()

  • Ich fand Jesses Beitrag interessant und informativ. Auch wenn es mir für die armen Frauen natürlich sehr leid tut, die gerne abtreiben möchten, aber von der veränderten Situation in die Illegalität getrieben werden.

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