A N Z E I G E

Wahlen in Frankreich 2022

  • A N Z E I G E
  • Ich wäre für Isabel Diaz Ayuso. Aber ich bin ja auch Nicht-Links. Darf man ja in Deutschland nicht mehr.

    Entschuldigung, aber du weißt, dass das so nicht stimmt. Eher ist Deutschland ordentlich nach rechts gerückt.


    Nur weil man eben nicht mehr jeden Satz rausballern darf, der misogynistisch, xenophob oder homophob ist, heißt das nicht, dass man nichts mehr darf.


    Die aktuelle Regierung lässt sich sogar von der lauten Minderheit die Corona Politik vorschreiben.


    Im Grunde genommen kann es für Menschen mit rechten Positionen doch kaum eine bessere Zeit als jetzt geben in jüngerer Historie.


    In nicht wenigen Ländern sind Politiker vom rechten Flügel auf dem Vormarsch und treiben ihre Gegner vor sich her, dürfen eher der rechten Politik zugeneigte Bürger problematische Aussagen öffentlich treffen und werden teilweise bei Demos noch von Polizisten beklatscht.


    Trotzdem vergleichen sich mit dem rechten Spektrum der Politik sympathisierende Bürger oder Corona Leugner teilweise mit Widerstandskämpfern wie Sophie Scholl oder Regimeopfern wie Anne Frank und jammern rum, "dass man ja gar nichts mehr sagen dürfte", wenn in Wahrheit "Rechte" soviel Stuß in der Öffentlichkeit verbreiten dürfen wie lange nicht mehr.


    In der Verkennung oder Verdrehung der Realität war die sogenannte Rechte aber immer schon ganz groß, was sie sich immerhin mit der radikalen Linken auch teilt.

  • Findet eigentlich noch jemand die Namen der Parteien viel "interessanter" als bei uns?


    Die Republik in Bewegung

    Unbeugsames Frankreich

    Steh gerade Frankreich

    Arbeiterkampf

    Leistet Widerstand

    Rückeroberung :seenoevil:


    Gut in Deutschland würden die alle irgendwas mit Stillstand, Wegducken oder Niemals Zurücktreten heißen. ;)

  • Ich wäre für Isabel Diaz Ayuso. Aber ich bin ja auch Nicht-Links. Darf man ja in Deutschland nicht mehr.


    Also ich spreche vom 'einflussreichsten Regierungschef West-Europas', was übrigens kein Wahltitel ist, und du kommst mit einer aufstrebenden Regionalpolitikerin? Das ist, drücken wir es mal positiv aus, überraschend. Das ist, als würde man den HSV oder Schalke 04 als Top Contender für den Champions League-Titel in den nächsten 3-4 Jahren nennen...


    Um für so eine Stellung/Wahrnehmung in Frage zu kommen, gehört unter anderem dazu, dass man 'bekannt' ist. Ich gebe zu, ich musste die gute Dame erst nachschlagen. Alleine das ist schon ein ziemliches Disqualifikationskriterium.


    Der weitaus wichtigere Punkt, gerade in der EU ist die Hausmacht, die ein Politiker mitbringt. Und die ist innerhalb der EU eben vor allem bei den Regierungschefs der Topzahler. Und da sind Frankreich, Deutschland, die Niederlande und Dänemark dann doch die Clique, ob man es mag oder nicht, die dafür in Frage kommt. Selbst Bunga-Bunga-Berlusconi musste das irgendwann einsehen. Da helfen dann auch ein politisches Netz an Unterstützern, eben über diese reine Hausmacht hinaus an Einfluss zu gewinnen. Und da ist eben ein Rutte mit am längsten dabei, und hat schon das ein oder andere Rodeo hinter sich. Und wenn man dann von den Regierungschefs weg geht, dann kommt ein EU-Kommissionspräsident, der auch auf seinem Posten von Regierungschefs Gnaden ist.


    Aber nehmen wir mal die 4-5 Leute, die da wirklich in Frage kommen:


    Macron (wirtschaftsliberal): Präsident von Frankreich und damit einem der größten, finanzstärksten und militärisch potentesten Staaten der EU. Ist schon ein paar Jahre auf europäischer Ebene dabei, und DORT quasi der Ziehsohn der alles überstrahlenden Merkel. Da hat er sich zu Anfang schon sehr clever im Fahrwasser der deutschen Kanzlerin aufgehalten, um von ihren Netzwerken zu profitieren, und diese über Zeit quasi zu übernehmen.


    Scholz (Sozialdemokrat): Er ist auf europäischer Bühne einfach noch ein Welpe, und in Merkels Fußstapfen wird er nicht so schnell treten können. Da ist Macron einfach die charismatischere Rampensau. Dennoch sicherlich der einflussreichste Regierungschef, der das aber auch nicht so ausspielen können wird. Zudem, fürchte ich, nach dem Martin Schulz-Debakel, und dessen Rückzug aus der EU-Politik, sind da einige SPD-freundliche Strukturen zu Bruch gegangen. Da muss einfach wieder Aufbauarbeit geleistet werden. Das geht nicht in Wochen oder Monaten.


    Rutte (konservativ-liberal): Gehört schon ewig dazu. Hat sicherlich seine Netzwerke, ist aber bei weitem kein Schreihals. Hat immerhin mit Timmermanns den Kommissar für Klimaschutz bekommen, was aus rein zukunftsorientierter Wirtschaftspolitik wohl einer der bedeutendsten Posten sein dürfte. Da hast die Chance Industrienormen für Jahrzehnte zu definieren. Zeugt auf jeden Fall von Weitblick...


    von der Leyen (konservativ): Quasi die wichtigste Exekutivkraft der EU per Amt. Ich bin tatsächlich ein wenig überrascht, dass sie das Amt ähnlich wie Junkers versucht zu interpretieren. Am Ende fehlt ihr aber tatsächlich immer mehr der Unterbau, da sie einfach ein letztes Merkelrelikt darstellt. Am Ende weiß sie, dass sie quasi keine Chance auf Wiederwahl hat, wenn sie nicht fulminantes vollbringt. Damit lässt sich natürlich ungeniert und ambitioniert agieren. Immerhin versucht sie das auch.



    Danach, so leid es mir tut, gibt es sehr wenige die infrage kommen. Und tatsächlich würde ich diese Personen nicht unbedingt als linkslastig empfinden. Aber jedem seine eigene Wahrnehmung.

  • Man wird sich halt fragen müssen, was bewegt Menschen wirklich, dass die Möglichkeit besteht , dass ein/e Faschist/in gewinnen könnte.

    Die Frage lässt sich aus unserer deutschen Perspektive bezogen auf die Wahl in Frankreich nicht beantworten.


    Wir lernen in Deutschland gerade erst noch mit einer rechten bzw. in Teilen sicher auch rechtsextremen Partei umzugehen. Bei uns führte das bei der letzten BTW zu einem sehr starken gesellschaftlichen Commitment pro Mitte. Eine unfassbar große Mehrheit der Deutschen lehnt die AFD noch so stark ab, dass sie lieber einen Besenstiel an der Macht hätten als einen Rechten. In Frankreich ist es der Mehrheit mittlerweile egal, ob eine Rechte oder ein Besenstiel sie regiert.


    In Frankreich lebt die Gesellschaft mit den Le Pens nämlich bereits seit einem halben Jahrhundert. Sie und ihre Partei sind längst nicht mehr so verpöhnt, wie es die AFD in Deutschland ist. Eben weil nicht alles, was eine Rechte sagt und tut, falsch ist. Im Prinzip ist das auch der Grund, warum die AFD in den vernachlässigten Regionen in Ostdeutschland so viel Zuspruch findet. Aber lass ma nicht über Sachsen reden, lieber mit dem Finger auf die zeigen.


    Dazu kommt, dass wir in Deutschland "nur" eine soziale Ghettoisierung kennen, während es in Frankreich eine ethnische aber auch eine religiöse Ghettoisierung gibt. In den Banlieues leben 5 Millionen Menschen, die sich mehrheitlich von der Gesellschaft verabschiedet haben. Dort haben wir eine Jugendarbeitslosigkeit von über 40%. Wer von dort kommt, wird den gesellschaftlichen Aufstieg nie schaffen. Egal ob Sarkozy (konservativ), Hollande (sozialistisch), Macron (liberal) oder eben ein Besenstiel sie regiert. Keine Partei, kein Politiker der weißen, privilegierten Oberschicht wird diese 5 Millionen Menschen jemals wieder erreichen.

    Dazu kommt dann ein nicht unerheblicher Teil der weißen Unter- und Arbeiterschicht, die wiederum in anderen Stadtteilen aufwachsen, die aus ganz nachvollziehbaren egoistischen Motiven kein allzu großes Interesse daran haben, dass sich an den Zuständen viel ändert.


    Wir hatten bei der letzten Parlamentswahl in Frankreich eine Wahlbeteiligung von unter 50% und bei der Stichwohl von 42%. Egal, wer da gewählt wird, Vertreter des Volkes sind das ohnehin nicht. Vertreter einer weißen Oberschicht, die für andere Banner antreten, am Ende aber ohnehin nichts verändern.

    Seit ich mich politisch interessiere, heißt es im zweiten Wahlgang alle 5 Jahre in Frankreich "Wählt XYZ oder der Faschist oder neuerdings die Faschistin kommt an die Macht.". Unendlich viele Versprechen sämtlicher politischer Gegenkandidaten blieben leere Floskeln und auch in diesem Jahr wird Frankreich es irgendwie schaffen, Le Pen zu verhindern.


    Klasse Frankreich, klasse Europa. Wir haben es wieder geschafft.

    Nu lass ma 5 Jahre nicht mehr über die gesellschaftlichen Probleme in Frankreich nachdenken.

  • Schaut jemand das TV-Duell von Macron und Le Pen auf Phoenix?


    Im Gegensatz zu unseren Schnarch-Duellen bei Bundestagswahlen ist das ein richtig gutes Format, wo die beiden Kandidaten ein echtes Streitgespräch führen und die Moderatoren mehr oder weniger überflüssig sind.


    Ich schaue ja via Dolmetscher und kann daher Mimik, Gestik und Sprache schlecht einschätzen, aber inhaltlich würde ich sagen, dass Macron hier richtig gut abliefert und Le Pen schon mehr als einmal entlarvt hat.

  • Ist nur die Frage, ob das auch bei noch unentschiedenen Zuschauern / Wählern auch verfängt. Hoffentlich kann sich Macron knapp durchsetzen.

    Also Macron wirkt wie der Präsident, der sich einen Vortrag seiner Bürgerin anhört und danach alles richtig einordnet und mit 2-3 Sätzen auseinander nimmt.


    Leider wirkt es hin und wieder etwas arrogant und zappelig, wenn er redet. Ich weiß allerdings nicht, ob das sein Naturell ist und mir nur deshalb auffällt, weil ich ihn selten sehe.

  • A N Z E I G E
  • Also Macron wirkt wie der Präsident, der sich einen Vortrag seiner Bürgerin anhört und danach alles richtig einordnet und mit 2-3 Sätzen auseinander nimmt.


    Leider wirkt es hin und wieder etwas arrogant und zappelig, wenn er redet. Ich weiß allerdings nicht, ob das sein Naturell ist und mir nur deshalb auffällt, weil ich ihn selten sehe.

    Ist seine Art. Er hat schon immer etwas lehrerhaftes. An sich ist es die gleiche Show wie bei der letzten Wahl. Mehr als Stammtisch kommt bei LePen meist nicht. Sie versucht auch das 'einfache Volk' zu vertreten und im Nachgang mit "Macron hält euch für dumm und schaut auf euch herab" vor allem Empörungsstimmen zu sammeln. Sie hat ja auch entsprechende hohle Phrasen im ersten Teil des Wahlkampfes bewusst gesäht.


    LePen, bei allem was ich nicht leiden kann, ist sicherlich nicht blöd, sondern eine gewiefte Meinungstaktikerin. Ich denke auch nicht, das sie die Wahl gewinnen will. Ohne Verantwortung im Großen lässt es sich ganz gut leben. Und so ein Schicksal wie Sarkozy wird sie um jeden Preis verhindern wollen.

  • Insgesamt würde ich sagen, dass man Macron inhaltlich schon als Sieger sehen kann, aber LePens Auftreten wird ihr Punkte eingebracht haben. Mit seiner teils süffisanten Art wirkte Macron genau wie der Politiker des Establishments, den ein Teil der Wähler*innen nicht mehr in Amt und Würden sehen möchte. Wenn er, nach seiner mauen ersten Amtszeit, sich nun als derjenige hinstellt, der für die Franzosen und Französinnen da sein möchte, die kaum Geld besitzen, dann wirkt das komisch. Er weiß natürlich, dass er diesen Punkt abdecken muss, seine Politik spricht bisher eine andere Sprache und sein aktuelles Wahlprogramm scheint eigentlich auch ein "weiter so" zu sein.

    Auf der anderen Seite war LePen zwar vom Auftreten weniger katastrophal, als man es von ihr gewohnt ist, aber Macron hat sie inhaltlich schon fast durchgehend geschlagen. Die Finanzierungsdebatte von Rassemblement National fand zu sehr in die Länge gezogen, denn das hat den Themenkomplex "Internationales" leider zu sehr gefüllt.


    Bei der Süddeutschen Zeitung las ich, dass 17% der Wähler*innen von Jean-Luc Mélenchon dazu tendieren sollen, Le Pen zu wählen. Das finde ich eine erschreckende Zahl, bei der ich mich mal wieder frage, wie man diese "Frustwähler*innen" davon überzeugen kann, dass reaktionäre Ideen keine vernünftige Antwort auf en Ist-Zustand sind, wenn man prinzipiell sich einer linken Partei zugeneigt sieht.

  • Insgesamt würde ich sagen, dass man Macron inhaltlich schon als Sieger sehen kann, aber LePens Auftreten wird ihr Punkte eingebracht haben. Mit seiner teils süffisanten Art wirkte Macron genau wie der Politiker des Establishments, den ein Teil der Wähler*innen nicht mehr in Amt und Würden sehen möchte. Wenn er, nach seiner mauen ersten Amtszeit, sich nun als derjenige hinstellt, der für die Franzosen und Französinnen da sein möchte, die kaum Geld besitzen, dann wirkt das komisch. Er weiß natürlich, dass er diesen Punkt abdecken muss, seine Politik spricht bisher eine andere Sprache und sein aktuelles Wahlprogramm scheint eigentlich auch ein "weiter so" zu sein.

    Auf der anderen Seite war LePen zwar vom Auftreten weniger katastrophal, als man es von ihr gewohnt ist, aber Macron hat sie inhaltlich schon fast durchgehend geschlagen. Die Finanzierungsdebatte von Rassemblement National fand zu sehr in die Länge gezogen, denn das hat den Themenkomplex "Internationales" leider zu sehr gefüllt.


    Bei der Süddeutschen Zeitung las ich, dass 17% der Wähler*innen von Jean-Luc Mélenchon dazu tendieren sollen, Le Pen zu wählen. Das finde ich eine erschreckende Zahl, bei der ich mich mal wieder frage, wie man diese "Frustwähler*innen" davon überzeugen kann, dass reaktionäre Ideen keine vernünftige Antwort auf en Ist-Zustand sind, wenn man prinzipiell sich einer linken Partei zugeneigt sieht.

    Ich seh das wie du, aber irgendwie kann ich auch den Frust verstehen, wenn man jahrelang das "kleinere Übel" wählen soll, was dann eben genau die Politik fortführt, die das "größere Übel" stark macht. Das ist ein besonders schwieriges linkes Dilemma.

  • Da bin ich auch bei dir, aber da würde ich noch immer vorziehen, den Stimmzettel zu entwerten, bevor ich selber das größere Übel aktiv wähle. Bestimmt wird es die geben, die sich denken, dass die nachfolgenden fünf Jahre so katastrophal werden, dass man danach als die wirkliche Alternative erscheint. Wie du schon sagst, ein riesiges Dilemma. :|

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