ZitatOriginal geschrieben von Rolf Miller:
1. Ja, einer bestandene Dissertation habe ich geglaubt. Da prüft ja die Uni. War zumindest der Meinung, dass man Dissertationen noch grundsätzlich mal glauben kann. Wenn der Doktorvater es nicht richtig prüft, kann ich als Leser auch nichts dafür.
Alles kann ja selten geprüft werden. Es ist ja auch nur eine Dissertation, von denen es zehntausende jedes Jahr gibt. Spätestens seit Guttenberg sollte man auch wissen, dass da nicht immer alles perfekt sein muss. Im Konkreten kann ich nichts dazu sagen, weil ich sie nicht gelesen habe. Von der Kritik ausgehend geht es aber ja dabei weniger um falsche Fakten, sondern um das Herstellen fraglicher Zusammenhänge und dass anscheind nicht mal die Grundlage ausreichend belegt wird. Das ist tendenziell schon etwas, was einem als kritischer Leser auch auffallen kann, wenn man erstmal von der Richtigkeit der Fakten ausgeht. Aber wie gesagt, kann ich nichts dazu sagen. Mir ist nur aufgefallen, wie unkritisch du wiederum mit Quellen umgehst, die deine Meinung unterstützen.
Zitat2. In einem Punkt habt ihr recht und ich einen Fehler gemacht. Die Medien berichten schon darüber, aber groß werden diese Themen i.d.R. nie. Es ist halt ein Unterschied, ob es etwas auf die Titelseite schafft oder auf Seite 25. Auch lese ich nicht jede Tageszeitung, geschweigen denn jeden Artikel online ...
Das tut niemand. Aber andere behaupten eben nicht wiederholt, dass es nicht gab, was man nicht selbst gelesen hat. Du unterstellst immer, Sachen würden verschwiegen. Das stimmt aber halt einfach nicht. Jeder liest gerne Themen, die einen interessieren und wünscht sich die ausführlicher. Je mehr Leute sich auch für das Thema interessieren, desto größer steht es auch in der Zeitung und je weniger desto weiter hinten und desto kleiner - oder auch gar nicht. Journalist XY ist jetzt Mitglied bei der Atlantik-Brücke, das ist nun mal einfach Seite 25, und auch nur dann, wenn nicht irgendwo im Stadtgebiet am gleichen Tag ein Igel überfahren wurde. Eine von 5000 Dissertationen jeden Monat, das ist mit viel Glück Seite 25 (diese hat es ja sogar in große Zeitungen geschafft). Wenn das für viele Leute von großem Interesse wäre oder ein großer Aufreger, dann stünde es auf der Titelseite, weil es Zeitungen verkaufen würde. Aber du bist eben einer von sehr wenigen Leuten, die das interessiert. Entsprechend steht es auf Seite 25 neben dem toten Igel (der dort noch von mehr Leuten gelesen wird).
Zitat3. Du glaubst also, dass ein Think Tank wie die Atlantik Brücke mit zig ehemaligen Wirtschaftsbossen und Politikergrößen wie Merkel, Gabriel und Göring-Eckart keinen Einfluss nimmt? Ernsthaft?
Da stellen sich sofort zwei Fragen: Die Bundeskanzlerin und wichtige Parteivertreter brauchen einen privaten Verein, um Einfluss zu nehmen? Und zweitens, bei den drei genannten: Welcher Einfluss wird da denn dann genommen? Eher für die CDU, die SPD oder die Grünen?
Aber natürlich nimmt die Atlantik-Brücke Einfluss, genau so wie es andere Lobbygruppen inklusive des Rentners mit den Schlaglöchern. Jeder versucht Einfluss zu nehmen, vom Angelverein Niederkreuznach bis zur Atlantik-Brücke. Die Frage ist, doch nicht ob sie, Einfluss nehmen bzw. das versuchen. Die Frage ist: wie wirkt sich dieser Einfluss aus?
Aus Interesse: Wie stellst du dir diesen Einfluss denn genau vor? Bei einem Treffen der Atlantik-Brücke geht Merkel zu den Journalisten und sagt ihnen, was sie schreiben sollen und die tuns dann, weil sie ja im gleichen Verein sind? Wer sagt überhaupt, dass es so rum ist. Vielleicht geht ja Diekmann zu Merkel und sagt: Wenn du da nicht was machst, könnte es sein, dass wir in der Flüchtlingsfrage mal wieder ganz schnell umschwenken? Oder fährt einfach irgendwann eine schwarze Limosine vors Redaktionsgebäude mit einem Umschlag, wo drin steht was nächste Woche nicht berichtet wird? Ich weiß nicht, ob du es so meinst, aber es kommt so rüber als würdest du eine sehr direkte Einflussnahme suggerieren und da würde mich interessieren: Wie sieht die in der Praxis denn genau aus?
ZitatIch frage mich halt, für was es diese ganzen Denkfabriken gibt. Jeder Verein verfolgt ja irgendeinen Zweck. Alleine schon, dass die Atlantik-Brücke das Verhältnis zwischen USA und Deutschland stärken will, könnte darauf schließen, dass man über andere Ländern negativer berichtet, die mit den USA im Streit sind. Denken wir an die fragwürdige Berichterstattung zur Ukraine-Krise inkl. einer Rüge vom deutschen Presserat.
Da unterliegst du aber wiederum dieser Verschwörungstheoretiker-Logik. Du bist der Meinung, die Berichterstattung wäre proamerikanisch oder antirussisch. Dann siehst du, ein paar Journalisten sind Mitglieder bei der Atlantik-Brücke. Also schließt du, weil es deine Meinung bestätigt: Dann wird wohl, die Atlantik-Brücke Einfluss auf die Berichterstattung genommen haben. Das ist aber einfach kein zulässiger Schluss. Das kann man an dem Beispiel auch sehr gut zeigen. Ja, wichtige Journalisten von Zeit, FAZ, ARD, ZDF, etc. sind Mitglied bei Atlantik-Brücke e.V. - aber: Wichtige Journalsiten von Zeit, FAZ, ARD, ZDF, etc. sind Mitglied beim deutsch-russischem Forum. Wenn ich nun also genau anderer Meinung bin und empfinde die Berichterstattung als zu prorussisch und antiamerikanisch, könnte ich also wiederum für mich schließen: Ist ja kein Wunder, wenn die alle beim deutsch-russischen Forum sind.
Stefan Kornelius, der Leiter des außenpolitischen Ressorts der Süddeutschen Zeitung ist selbst persönlich Mitglied bei der Atlantik-Brücke und beim deutsch-russischen Forum. Für wen berichtet der denn nun? Der muss ja völlig innerlich zerrissen sein. Und genau deshalb ist das nicht so einfach mit Einfluss nehmen. Du hast gleichzeitig den Einfluss von Antlantik-Brücke und deutsch-russischem Forum (und das sind erst 2 von vielen) - die Zeitung muss also ihre eigene Wertung vornehmen. Sie müssen die Aussagen der Lobbygruppen selbst bewerten und im Lichte dessen betrachten, was sie sind. Mag sein, dass mal ein Journalist zu einer Seite tendiert, vielleicht auch eher mal der einen Seite glaubt als der anderen. Aber das hat weniger mit Mitgliedschaften zu tun. Würde die Kausalität eher sogar andersherum sehen. Ein Journalist ist vielleicht deshalb Mitglied bei der Atlantik-Brücke, weil er generell proamerikanisch eingestellt ist. Dieser Journalist hätte aber dann auch ohne Mitgliedschaft eher der amerikanischen Seite glauben geschenkt und würde das wohl immer noch tun, wenn er aus welchem Grund auch immer Mitglied im deutsch-russischen Forum wäre.
Zitat4. Für mich sind die Medien die "vierte Macht" im Staat. Sie sollen unabhängig berichten, die Bürger informieren und auch auf Missstände hinweisen. Sobald da zu sehr zwischen Politik und Journalisten gekuschelt wird, werde ich misstrauisch.
Misstrauen ist ja okay. Aber deswegen muss man nicht gleich vorschnelle Schlüsse ziehen und Sachen überbewerten. Ganz ohne Kuscheln geht es nicht. Die Journalisten suchen die Nähe zu Politikern, um an Informationen zu kommen, an die sie vielleicht anders nicht kommen würden. Sie hören sich die Lobbyanliegen an, weil sie Informationen enthalten. Sie gehen doch nicht zu einem Treffen eines Think Tanks, um sich beeinflussen zu lassen. Warum sollten sie das tun? Sie gehen wenn dann hin um selbst Einfluss zu nehmen. Das ist ja auch der eigentliche, umgekehrte Ansatz eines Think Tanks, dass die anderen beteiligten Gruppen Einfluss auf die Politik nehmen und diese beraten. Frau Merkel braucht sicher keinen Think Tank, um Einfluss zu nehmen. Aber vor allem gehen Journalisten da hin bzw. wollen Medien dort vertreten sein, um an Informationen zu kommen.