A N Z E I G E

Lehre beendet - und dann dieser Vertrag

  • Erstmal die Prüfungsergebnisse vorneweg damit ihr seht, daß meine Firma wirklich keinen dummen Bauern einstellen würde. Die eigentliche Problematik folgt dann.
    Heute sind die Unterlagen der IHK gekommen, jetzt fehlt nur noch das Zeugnis.


    Theoretische Prüfung


    Technologie 84 %: 2
    Technische Kommunikation 95%: 1
    Technische Mathematik 100%: 1
    Wirtschaft und Soziales 91%:2


    Macht ein Gesamtergebnis der Kenntnisprüfung vomn 91% - nur eine 2. Ich könnte mir in den Arsch beißen. Ein Prozent mehr und es wäre eine 1. :x



    Praktische Prüfung


    Prüf.-Stücke 85%: 2
    Arbeitsproben 89%: 2


    Insgesamt 2, Theorie & Praxis zusammen ebenfalls 2. Im Prinzip zufriedenstellen, aber das mit der knapp verpaßten 1 wurmt mich schon ziemlich.


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    So, damit endete mein Ausbildungsverhältnis mit Bestehen der Praktischen Prüfung am 27.06.2006. Ich hatte bereits vor drei Monaten angefragt, ob ich übernommen werde oder nicht (man muß sich ja dann bei Nichtübernahme 3 Monate vor Ende des Vertrages beim Arbeitsamt arbeitslos melden), das hat sich bis diesen Dienstag hingezogen. "Ja, es besteht Interesse", "Die Verträge werden noch geschrieben", "Der Chef (der Obermotz, nicht der Personalchef) muß noch sein OK geben" usw.


    Noch zur Situation: Ich arbeite in der Horst Lehmann Getränke GmbH in deren Zentrallager in Potsdam-Drewitz, die Firma sollte Berlinern und Brandenburgern vielleicht ein Begriff sein. Es gab zwar immer wieder eine Menge Querelen, aber da ich nur 20 Minuten Fahrradfahrt zum Arbeitsplatz benötige, ich die Leute und Arbeitsabläufe dort mittlerweile schon kenne usw. hatte ich mich halt entschlossen, dort "übernommen werden zu wollen".
    Die Ärgernisse enthalten Dinge wie:

    • ständige Überstundenaufhäufung auch als Azubi (mein Rekord waren 297)
    • Sonnabendsarbeit in einer völlig anderen Schicht: Ich arbeite normalerweise in der Spätschicht vo 11.30 bis 20.00 Uhr, Sonnabendsarbeit beginnt um 04.30 Uhr. Mein Körper kann sich nicht einfach so umstellen, ich bin immer todmüde und extrem schlecht gelaunt. Aber eine Einigung im Sinne von Freitag 20.00 Uhr aufhören und am nächsten Tag um 07.00 Uhr beginnen (11 Stunden Ruhezeit) wurde natürlich nicht angenommen, da soll ich lieber am Freitag so früh gehen, daß ich Sonnabends um 04.30 Uhr da bin - noch immer todmüde, denn es nützt mir nichts, bereits um 20.00 Uhr ins Bett zu gehen, da ich um diese Zeit eh noch nicht einschlafen kann, wenn man aus seiner normalen Arbeitszeit einen ganz anderen Tagesrhythmus drin hat. Aber da läßt eben keiner mit sich reden, obwohl es völlig egal ist, ob ich Freitags 5 und Sonnabends 8 oder Freitags 8 und Sonnabends 5 Stunden arbeite, das Resultat ist das Selbe - mit der Ausnahme, daß ich bei meiner Variante etwas ausgeschlafener und leistungsfähiger wäre. Aber wie gesagt, man will halt nur den eigenen Willen durchsetzen, ohne eine Einigung zum gegenseitigen Vorteil in Betracht zu ziehen.
    • Mißbrauch der Azubis als billige Arbeitskräfte: Wir sind nichts anderes als günstiger Ersatz für reguläre Mitarbeiter gewesen. Einen Ausbildungsplan haben wir nie gesehen, wir haben Tag für Tag die Gleichen Arbeiten erledigt, für ca. 85% der Zeit. Ab und zu gab es wirklich mal etwas Neues, aber dieser Anteil ist verschwindend gering. Und leider waren wir dumm genug, das nicht der IHK zu melden, da wir immer gehofft hatten, daß es sich auch so bessert.
    • Verschwinden von Überstunden: Es existiert zwar ein Zeitkonto in Verbindung mit einer Kartenuhr - aber wer nicht selber genau über sein Kommen und Gehen Buch führt, der wird auf's Übeste beschissen, da immer wieder mal Stunden auf mysteriöse Weise verschwinden. Ich z.B. habe zur Zeit eine Differenz von ca. 55 Stunden, die mir fehlen. Aber nicht, daß eigene Nachweisführung etwas nützen würde. Auf Nachfrage bei der zuständigen Person kommt immer nur "Beweisen Sie mir, daß ihre Eintragungen in Ihrem Buch richtig und nicht absichtlich gefälscht sind!" Was soll man da noch sagen.
    • Ankündigung der Bezahlung von Überstunden bei besonderen Aktionen - und dann wird es doch nicht gemacht. Ist schon so oft vorgekommen, kein Wunder, daß sich niemand mehr freiwillig für etwas meldet.
    • Haufenweise anderes Zeugs. Zu viel, um es hier aufzuführen. Zu viel, um sich überhaupt an alles zu erinnern.


    Aber man arrangiert sich ja doch irgendwie. Nun kam also der Tag des Vertrages. Meine Gedanken im Vorfeld:
    "Hm, als ich hier vor meiner Ausbildung als Ungelernter arbeitete, war ich 40 Stunden pro Woche hier und bekam ein Gehalt von 1230 € Brutto. Als Azubi waren es 383, 433 und 483 € in den drei Jahren (unteres Drittel im klassenweiten Vergleich übrigens). Das Tarifgehalt für eine ausgelernte Fachkraft für Lagerwirtschaft beträgt so um die 1700 € Brutto herum. Da wir alle unterbezahlt sind, muß ich wohl ebenfalls etwas runtergehen. Aber ich bin kein reiner Kommissionierer, ich bin flexibel einsetzbar. Warenausgangskontrolle, Staplerfahrten (wenn auch lieber mit dem Heber als mit einem richtigen Stabler), Wareneingang und und und... außerdem hat die Firma in den letzten drei Jahren bereits genug an uns Azubis gespart (siehe Punkt "Billige Arbeitskraft" weiter oben)... also unter 1500 € werde ich meine Arbeitskraft nicht verkaufen. Das bekommen auch einige Ungelernte bei uns, die nur kurz vor mir eingestellt wurden, ist also ein Kompromiß."


    So, und dann erhielt ich also am Dienstag den Vertrag. Es gab keine Verhandlung im Vorfeld oder so, ich habe gleich ein fertig ausgefülltes Ding bekommen. Fehlte quasi nur noch die Unterschrift. Tja, und das war dann doch ein ziemlicher Hammer. 1200 € (BRUTTO, nur damit wir uns richtig verstehen) - und das für 45 Wochenstunden! Also mehr Arbeit für weniger Geld, als ich als Ungelernter bekam / leistete. Das sitzt natürlich, und man muß das erstmal verdauen. Ich wollte aber noch auf meinen Mit-Azubi zwecks Lagebesprechung warten, der hatte jedoch Dienstag und Mittwoch frei und kam erst heute. Dem geht's genauso.
    Tja, da überlegt man dann und schließlich kommt der Lagerleiter vorbei und sagt, daß der Personalchef ungeduldig wird und eine Antwort auf den Vertrag haben will (nach vorheriger dreimonatiger Wartezeit von unserer Seite darauf eine ziemliche Frechheit), außerdem wird er definitiv nicht unter 45 Stunden gehen und auch nicht über die 1200 €. Damit hatte sich die Aushandlung eines neuen Vertrages dann wohl erledigt. Was nun? Ich habe unterschrieben, damit ich vorerst etwas Geld bekomme und nicht völlig verdienstlos dastehe, werde aber natürlich anfangen, mir eine andere Stelle zu suchen. Doch dafür könnte ich mir nun auch wieder inden Arsch beißen. ich wohne noch zu Hause, da ich noch nicht die Gelegenheit für eine eigene Wohnung hatte (Abitur, Zivildienst, Lehre - da kam einfach nicht genug zusammen), ich hätte also auch so über die Runden kommen können. Und das ohne diesen Knebelvertrag zu unterschreiben, ohne meine Arbeitskraft so extrem unter Wert zu verkaufen, ohne die seelenlose Firma wieder einmal gewinnen zu lassen und ohne meinen Stolz zu verlieren - denn für die Unterschrift dieses Vertrages schäme ich mich selbst zutiefst, das kann ich kaum überwinden. Lieber arbeitslos (und etwas anderes suchen) als sowas zu unterschreiben, das habe ich mir noch während der vergangenen Tage gesagt. Und nun habe ich es doch getan, was für eine Scheiße.


    Der Vertrag datiert rückwirkend zum 28.06, d.h. ich habe seitdem nun bereits jeden Tag eine Stunde Minus gemacht, da ich ja vorher die normalen 40 Stunden gearbeitet hatte. Ich muß mir nun erstmal zurechtlegen, wie ich diese Situation meistere (eine Stunde früher anfangen oder ständig Sonnabends arbeiten, dafür keinen freien Tag nehmen und statdessen weiterhin nur 8 Stunden pro Tag arbeiten, ...), ich werde mich bei IHK und Berufsgenossenschaft über die Rechtmäßigkeit dieses Vertrages genauer informieren (dummerweise ist unsere Firma schon seit langem aus der Gewerkschaft raus, also braucht sich der Chef wohl auch nicht an solche Tarifverträge zu halten) und mich bei anderen Firmen über freie Stellen erkundigen. Vielleicht rede ich auch erstmal mit Horst Lehmann persönlich. Man sagt, der Personalchef schleust so manches an ihm vorbei. Aber ich weiß nicht so recht, wie ich das anstellen soll. Ich habe bisher noch nie die Situation einer Vertragsverhandlung durchmachen müssen, geschweige denn ein Gespräch mit DA MAN höchstselbst gehabt. Macht mich verdammt nervös, ich weiß nicht so recht, was ich da sagen soll.


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    Na ja, jedenfalls wollte ich mir das einfach mal von der Seele reden bzw. schreiben, hat gutgetan. :) Und vielleicht kann mir ja der ein oder andere hier helfen - falls überhaupt einer bis hierher gelesen hat. ;)

  • A N Z E I G E
  • Also zunächst einmal ist es aus meiner Sicht absolut richtig gewesen, dass du das Angebot zumindest erstmal angenommen hast. Bei der Suche nach einem Job macht es sich In jedem Lebenslauf besser, wenn da keine großen Lücken auftauchen ;)

  • Du hast doch Abitur und jetzt auch eine abgeschlossene Lehre. Warum verlässt Du diesen Laden nicht und gehst an die Uni? Unter diesen Bedingungen würde ich niemals dort arbeiten und mit Abitur erst recht nicht.

  • Deine Geschichte ist schon ein kleiner Hammer. Ist zwar als Außenstehender leicht gesagt, aber an Deiner Stelle hätte ich diese Frechheit eines Vertrages nicht unterschrieben. Aber ich kann auch Dein Motiv verstehen, warum Du es letztlich getan hast.


    Hoffe, dass Du bald eine andere Arbeitsstelle findest. Oder, wie bereits von Frank-the-Tank angesprochen, überlege Dir zu studieren.

  • Ist auch meine Meinung, dass du das richtige getan hast. Erstmals macht es sich im Lebenslauf dann besser, und bei der Suche einens neuen Arbeitgebers haben sie vll. etwas Mitleid, wenn du erzählst dass du dort ungerercht behandelt wirst/wurdest.


    Viel Glück


    PS: Ich unterschreibe in den nexten Wochen nen Ausbildungsvertrag^^

  • Hau' dich da durch, bis du etwas anderes - besseres? - gefunden hast. Auch wenn der Vertrag mit allen Details nicht wirklich zufriedenstellend ist, ohne Berufserfahrung hast du auf dem Arbeitsmarkt extrem schlechte Karten.

  • Absolute Frechheit von Lehmann... ich mein, dass du als Ausgelernter weniger bekommst wie als ungelernte Aushilfe ist schon blanker Hohn...


    Ich weiss nicht, was ich an deiner Stelle gemacht hätte, aber das öffentlich zu machen ist schon ein guter Schritt...


    Und auch wenn die Firma den TV gekündigt hat, darf sie dir weder verbieten dich an die Gewerkschaft zu wenden, bzw. dort den Betriebsrat zu informieren. (Eine Firma kann auch nicht in einer Gewerkschaft sein ;) )
    Gibt es bei Lehmann keinen Betriebsrat, dann tritt in die Gewerkschaft ein und gründe einen (eintreten, weil dann unter Umständen Arbeitsrechtsschutz besteht - aber vorher klären)


    Die Arbeitgeberseite (IHK) anzurufen halte ich für eher nicht gut, die machen doch genau für diese Verhältnisse Lobbyarbeit.

  • sorry tut mir leid aber die frage muss ich stellen:
    wieso machst du als abiturient eine ausbildung für einen job für den man anscheinend nichtmal nen guten realschulabschluss braucht?
    was hast du denn erwartet? ich habe im getränkemarkt gearbeitet (ich vermute mal du hast beim zulieferer gearbeitet) und bis auf bestellungen habe ich schon als schüler ALLES gemacht, was die anderen auch gemacht haben....und bestellungen hätte ich mir auch noch raufgezogen.....5€/stunde und damit lag ich im endeffekt auch über dem was meine kollegen mit 48 stunden pro woche verdienen

  • A N Z E I G E
  • ich sag ja nicht er soll jura studieren oder so aber wozu hat er denn ABI gemacht wenn er es dann so "weg wirft"? lagerarbeiter kann man wahrscheinlich sogar ohne erweiterten (in manchen bundesländern heißt der glaubich qualifizierter) realschulabschluss machen......wieso dann also 13 jahre schule, wovon die letzten 3 jahre dezidiert auf wissenschaftliches arbeiten vorbereiten sollen? ich weiß nicht wie das in Berlin und Brandenburg ist aber hier in niedersachsen hat man mit bestehen der 10. klasse gymnasium automatisch den erweiterten realschulabschluss und kann theoretisch damit abgehen und ne lehre machen

  • Zitat

    Original geschrieben von MagicM:
    Vielleicht, weil selbst Abiturienten Probleme auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt haben (können)?


    Was aber teilweise auch an den persönlichen Einstellungen der Leute liegt.Was er gemacht hat,würden auch nicht alle Abiturienten machen.Weil sie sich dafür zu schade sind,alles eine Sache der Einstellung,aber den neuen Arbeitsvertrag hätte ich auch nicht unterschrieben,sichere Stelle schön und gut ,dass man dann weniger als eine ungelernte Aushilfe verdient kann nicht Sinn der Sache sein.

  • Zitat

    Original geschrieben von Phil:
    ich sag ja nicht er soll jura studieren oder so aber wozu hat er denn ABI gemacht wenn er es dann so "weg wirft"? lagerarbeiter kann man wahrscheinlich sogar ohne erweiterten (in manchen bundesländern heißt der glaubich qualifizierter) realschulabschluss machen......wieso dann also 13 jahre schule, wovon die letzten 3 jahre dezidiert auf wissenschaftliches arbeiten vorbereiten sollen? ich weiß nicht wie das in Berlin und Brandenburg ist aber hier in niedersachsen hat man mit bestehen der 10. klasse gymnasium automatisch den erweiterten realschulabschluss und kann theoretisch damit abgehen und ne lehre machen


    jo aber dass gleiche problem hab ich. studieren is nich wirklich mein fall. und meine ausbildung hab ich bekomm, weil ich der best qualifizierte war und den test am besten bestanden hab. die hätten sonst auch nen realschulabgänger genommen, wenn der besser im test als ich gewesen wäre, abi bringt einem auch nichtmehr so wirklich viel ein. und es gibt genug ausbildungen die abitur vorraussetzen

  • Zitat

    Original geschrieben von DoubleS:
    jo aber dass gleiche problem hab ich. studieren is nich wirklich mein fall. und meine ausbildung hab ich bekomm, weil ich der best qualifizierte war und den test am besten bestanden hab. die hätten sonst auch nen realschulabgänger genommen, wenn der besser im test als ich gewesen wäre, abi bringt einem auch nichtmehr so wirklich viel ein. und es gibt genug ausbildungen die abitur vorraussetzen


    siehe kursiven teil:
    eben.....und lagerarbeiter gehört nunmal nicht dazu.....worauf ich hinauswollte:
    wenn man einen job anstrebt der mindestens 2 stufen unter dem liegt, was der schulabschluss eigentlich leisten sollte, dann isses eben so das man auch wie ein übel qualifizierter arbeiter behandelt wird......ich will das nicht gutheißen, aber da nunmal viele leute jobs haben wollen können die unternehmen solche hungerlöhne leider anbieten
    selbst 1700€ finde ich für einen abiturienten ein bisschen wenig. auto, wohnung und essen und schon ist fast alles weg!

  • Zitat

    Original geschrieben von RavenHawk999:
    ...dass man dann weniger als eine ungelernte Aushilfe verdient kann nicht Sinn der Sache sein.


    Aber stattdessen stempelngehen?

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