Der Sieg der Raptors freut mich unglaublich, weil dort die hervorragende Arbeit der vergangenen Jahre endlich belohnt wird. Die Wahrnehmung des Teams hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, man hat eine interessante Franchise-Kultur entwickelt und steht nun (endlich) folgerichtig in den Conference Finals. Der Schritt mit Kawhi Leonard war mutig und trägt nun Früchte, es bleibt zu hoffen, dass er sich auch über den Sommer hinaus an die Raptors bindet. Nachdem sich das Team als Titelkanidat etabliert hat, sollte Leonard eigentlich in Toronto bleiben, da alle anderen Optionen aus sportlicher Sicht keinen Sinn ergeben würden. Auch passt Leonard ganz hervorragend nach Toronto und hat die Chance, diese Franchise auf Jahre zu prägen. Unabhängig vom Ausgang der nächsten Serie ist Toronto die einzig sinnvolle Option. Als etwas introvertierter Spieler sollte Leonard Los Angeles eigentlich meiden, v.a. die chaotischen Lakers. In Toronto ist er DER Superstars (verdientermaßen, wie man in diesen Playoffs eindrucksvoll sieht), hat ein funktionierendes Team mit hervorragenden Strukturen bis ins Front Office und wird auf Jahre um die NBA Meisterschaft mitspielen.
Zum Spiel selbst ist natürlich nur wenig zu sagen. Die Serie war großartig und hat Spaß gemacht, weil hier zwei Teams auf Augenhöhe agierten. Für die Sixers ist das sicherlich eine ganz große Enttäuschung, weilö man sich bestimmt etwas mehr ausgerechnet hat. In der Spitze ist der Osten aber wirklich verdammt stark, sodass ich das Ausscheiden nicht ganz so dramatisch finde, wie es in Philadelphia jetzt vermutlich wahrgenommen wird. Bei einer Top 3 auf Augenhöhe muss am Ende nunmal ein Team auf der Strecke bleiben. Zudem vergisst man gerne, dass man mit Ben Simmons einen Zweifjahresprofi als Point Guard hat und auch Joel Embiid bei aller Dominanz noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist. Wenn sich die Spieler weiterentwickeln und die Starting Five, die vor bzw. während der Saison immerhin noch um zwei wichtige Bausteine ergänzt wurde, noch besser harmoniert, kann man für die kommende Saison noch eine Steigerung erwarten. Ob man hierfür den Coach austauschen muss, wie medial gemunkelt, sei mal dahingestellt. Es gibt gute Argumente dagegen, den Grundgedanken, dass man nach dem langen "Process" nochmal neue externe Impulse braucht (trotz des Erfolges) kann ich schon nachvollziehen. Von Oakland bis nach Toronto gab es in den vergangenen Jahren doch immer wieder Beispiele, dass es durchaus sinnvoll sein kann, einen erfolgreichen Coach zu ersetzen, um den nächsten Schritt zu machen.
Gegebeispiel sind natürlich die Portland Trail Blazers, die in diesem Jahr für ihre Kontinuität belohnt werden. Terry Stotts hat ja schon einige Jahre als Coach in Portland auf dem Buckel, auch der Kern der Mannschaft wurde trotz einiger Rückschläge und wiederkehrender Forderungen nach Veränderung zusammengehalten. Nach dem Ausfall von Nurkic hatte niemand mehr mit einem tiefen Run gerechnet - und dennoch steht Portland in den Conference Finals. Eine wirkliche Chance sollten sie gegen Golden State normalerweise nicht haben, weil man auf die Offensiv-Gewalt der Warriors einfach keine Antwort finden wird. Vielleicht kann man den Meister aber doch in dem ein oder anderen Spiel ein wenig ärgern, gerade weil man befreit aufspielen kann. Collum und Lillard sind auch immer in der Lage in einem Spiel zu explodieren und den Gegner dadurch abzuschießen. Für die Nuggets ist es nach dieser tollen Saison natürlich wirklich schade, auch für Nikola Jokic der als einzigartiger Spieler grandiose Playoffs gespielt hat. Wenn sich der junge Kern in Denver noch weiterentwickelt, ist mit dem Team aber auch in den kommenden Jahren weiter zu rechnen. So knapp zu scheitern, tut natürlich besonders weh, spiegelt aber die Ausgeglichenheit in der Western Conference wider.
Was darf man von den Conference Finals nach diesen tollen Serien nun erwarten? Die Golden State Warriors bleiben das Team, das es zu schlagen gilt. Golden State wirkt verwundbar, teilweise etwas lethargisch, kann aber noch einen Gang hochschalten. Der Sieg über den größten Konkurrenten - v.a. auch ohne Kevin Durant - sollte dem Team jetzt aber einen gewissen Auftrieb verleihen. Ich kann mir vorstellen, dass man jetzt zunehmend fokussierter agiert - unter diesen Voraussetzungen sollte Portland eigentlich keine Chance haben.
Im Osten wird es hingegen spannend und ich wage keine Prognose. Die Raptors und Bucks sind auf Augenhöhe, vereinzelte Matchups und die Tagesform wird hier über den Ausgang der Serie entscheiden. Beide haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, verfügen über einige Waffen um auch Golden State gefährlich zu werden und haben herausragende Superstars in ihren Reihen. Antetokounmpo und Leonard sind beide in der Lage den Meister zu stürzen. Der Meister mag eine größere Ansammlung an All- und Superstars haben, die Bucks und Raptors müssen sich dahinter aber nicht verstecken. In diesem Jahr freue ich mich wirklich sehr auf die NBA Finals, egal welche Paarung es letztlich wird. Unter den Voraussetungen, dass Golden State diesmal auf ein frisches Team treffen würde, ieße mich sogar über den fünften Finaleinzug in Folge hinwegsehen.