Hallo und Herzlich Willkommen zum MOONSAULT.de Match of the Year-Roundtable 2008. Wie bereits im letzten Jahr haben wir wieder die besten und kontroversesten User zusammengepackt und in ein Verlies unterhalb von Cybens prachtvollem Anwesen gesteckt, um ihnen in Endlosschleife die besten Matches des Jahres vorzuführen. Herausgekommen sind hochinteressante, alles andere als massenkonforme und stellenweise überraschende Ergebnisse, die wir euch jetzt präsentieren wollen.
Das Verfahren wird wie folgt sein: Es gibt 4 verschiedene Roundtables zu je einem Themengebiet. Dabei werden unsere Experten aus WWE, TNA, Indy und Puroresu die jeweils 10 besten Matches des Jahres beurteilen, die sie vorher in gemeinsamer Vorauswahl festgelegt haben. Jeder Reviewer ordnet seine Matches von Platz 1 bis Platz 10 und vergibt dabei Punkte. Platz 1 gibt 10 Punkte, Platz 2 9, Platz 3 nur noch 8 und so weiter, bis zu Platz 10, der nur einen Punkt einbringt. Die Punkte aller Reviewer werden addiert und so ergibt sich ein Ranking. Die beiden erstplatzierten Matches aus jedem der 4 Roundtable qualifizieren sich für den "FINAL CALL" Ende Januar, der stil- und ligenübergreifend das MOONSAULT.de Match of the Year küren wird. Diese 8 Siegermatches und die 2 punktbesten Drittplatzierten unserer 4 Roundtables werden dann erneut von 5 fachkundigen Experten unter die Lupe genommen und so könnt ihr euch auf einen spannenden und interessanten Januar einstellen, der euch das neue Jahr so interessant wie möglich anfangen lassen soll.
Den Anfang macht unser Expertenquartett mit den besten Matches aus dem Land der aufgehenden Sonne. Am Fuße des Fujiyama, zwischen Sushi-Bars und Sony-Zentrale wird nämlich hervorragendes Wrestling gezeigt. Ein User, der das besser weiß als jeder Andere und außerdem ein Vorbild in Sachen Reviewabgabe und gehaltvollen Texten ist, ist unser erster Teilnehmer: Kein Geringerer als Dynamic T~!. An seiner Seite ein Mann, der die erfolgreichste Indy-Audioshow im deutschsprachigen Raum hostet und ein ausgewiesener Experte in Sachen Puroresu ist. Fast jede deutsche Internetseite wollte ihn im Match-of-the-Year Roundtable, doch nur wir haben ihn bekommen: Morbo. Als dritten Teilnehmer begrüßen wir unseren ersten Fly-In. Seine einzige Niederlage im Schach fügte ihm Fresh Prince zu, ansonsten hat er keine Schwächen und kennt vor allem in Sachen Matchauswahl keine Gnade. Aus den Tiefebenen Austrias: Robert S. Der 4. Mann kommt stets mit seiner besseren Hälfte zum Euro-Catch und es handelt sich dabei nicht um seine Freundin. Er ist versiert in nahezu allen Gebieten des Wrestling und wird auch diesen Roundtable zweifellos bereichern: Der Mann mit dem Doppel-F: Airwolff. Viel Spaß beim Lesen und auf eine fruchtbare Diskussion!
Bewertungszeitraum für die Puroresu-Matches war der 1.11.07 - 1.11.08
Platz 10: (1x Platz 6, 1x Platz 7, 2x Platz 10): Masato Tanaka vs. Daisuke Sekimoto, BJW 28.04.08
Dynamic-T~! (Platz 10): Auf dem letzten Platz kommt hier direkt eins der im Vorfeld wohl meistdiskutiertesten und beliebtesten Puro-Matches des Jahres, aber Ich wäre ja nicht Ich, wenn ich nicht mindestens einmal gegen den Strom schwimmen würde Das Match ist meiner Meinung nach das perfekte Beispiel dafür, warum ich Sekimoto als Singles-Wrestler nicht besonders viel abgewinnen kann; von Tanaka mal ganz zu schweigen. Aber alles der Reihe nach: Das Match beginnt eigentlich sehr schön mit einer guten und langsamen Abtastphase, die mit den zahlreichen Test of Strenghts doch etwas an späte Misawa vs Kobashi Matches erinnert, aber auch die Mängel eben dieser Matches besitzt bzw. diese noch auf die Spitze treibt.
Auch die darauffolgende Armbearbeitung Tanakas macht im Kontext des Matches Sinn: Sekimotos unglaubliche Kraft ist seine größte Stärke, ebenso überrannte er Tanaka kurz zuvor geradezu und konnte u.a. einen Dive ins Ziel bringen, sodass Tanaka seinen einzigen Ausweg daran sieht, mit einem Stuhl auf Sekimotos Arm einzuschlagen und diesem so seine Hauptwaffe zu rauben. Für seine unfaire Attacke erntet er zudem leichte
Buhrufe, die Crowd steht im Folgenden natürlich noch mehr hinter dem BJW-Eigengewächs und Lokalhelden Sekimoto und wollen diesen förmlich zum Sieg schreien. Daisukes Selling während(!) der Bearbeitung ist ebenso wie Tanakas Bearbeitung sehr gut, das Match bis zu diesem Zeitpunkt sehr smart. Dann endet jedoch leider Teil 1 des Matches und Teil 2....
...beginnt direkt mit einer unfassbar schlechten Transition Sekimotos, der einen Swinging DDT von Tanaka komplett nosellt und in Folge dessen ca. 5 Lariats mit dem zuvor bearbeiteten Arm zeigt, ohne auch nur einen Hauch von Schmerz zu zeigen. Damit ist der Kapitel der Armbearbeitung auch endgültig beendet, diese wird im Rest des Matches nicht mehr die geringste Rolle spielen und ist im Nachhinein somit reine Zeitverschwendung bzw. Time-Killing bis zum Finish. Danach gehen die beiden eigentlich direkt zu Finish über, was sich eigentlich in einem Wort zusammenfassen lässt: Overkill.
Beide teilen ohne Ende aus, gerade Daiske zeigt seinen Finisher gefühlte 8 Mal und entwertet ihn dadurch vollkommen, es gibt das gefürchtete No-Selling von Headdrops und die guten Sequenzen und Konter, die das Match auch in dieser Phase durchaus noch zu bieten hat (Sliding D Konter, die brachialen Elbow-Strikes) gehen in der schieren Masse an Aktionen vollkommen unter. Weniger ist gerade bei Nearfalls eben doch mehr...
So, nachdem ich mir jetzt meinen Frust von der Seele geschrieben habe, darf eines nicht unerwähnt bleiben: Die Crowd war das gesamte Match über sehr hot, und da man immer das zeigen sollte, was die Fans sehen wollen, kann man dem Match hier wohl doch keinen allzu großen Vorwurf machen. Mein Fall war es auf jeden Fall nicht, somit bleibt nur der (mit einigem Abstand) letzte Platz.
Robert S (Platz 10): Ich habe kürzlich gelesen, dass Sekimoto in den 90ern ein All Japan Fan war. Wenn man ihm zuschaut, dann wird schnell klar, dass er versucht im Stile der AJPW Klassiker der späten 90er (d.h. inkl. leichtem Overkill) zu kämpfen, es aber vermutlich nicht versteht, dass ein großer Schlüssel dieser Matches immer war wer da im Ring stand und welche Vergangenheit die Kontrahenten (miteinander) hatten. Fast jeder Move erzählte entweder eine Geschichte oder war untrennbarer Teil der Wrestler.
Den ersten Teil des Matches bestreiten die beiden hervorragend und würden eigentlich alles für ein sehr gutes Finale vorzubereiten. Nachdem Tanaka aber Sekimotos rechten Arm ca. 10 Minuten bearbeitet hat entscheidet sich dieser aber plötzlich dies für den Rest des Matches komplett zu ignorieren (er zeigt direkt nach dem Wechsel der Offensive zwei Lariats und greift sich danach nicht einmal an den Arm). Dadurch zerfällt das Match leider in zwei Hälften, die gar nichts miteinander zu tun haben. Herrscht erst noch die Hoffnung, dass dabei zwei Puzzlesteine herausschauen, die zwar nicht zusammen passen, die für sich jedoch beide gut wären, muss diese Hoffnung bald Ernüchterung weichen als die Schlussphase in eine "Schaut-mal-aus-welchen-Situationen-ich-German-Suplessen-zeigen-kann"-Orgie Sekimotos (inkl. mehrere Pop-Up-No-Selling Einlagen) ausartet. Besonders negativ ins Auge springt der Apron-German-Suplex, der an dieser Stelle des Matches absolut nichts verloren hat (solche Spots brauchen nur Zeit vorbereitet zu werden, Zeit die im Finish entweder mit Near-Fall Aktionen, Selling oder Heat-melken verbracht werden sollte). Dass Sekimoto dann gleich zwei Mal aus dem Sliding D (Elbow) (aktuell Tanakas Top Finisher) auskickt, wird da fast schon zur Nebensache.
Airwolff (Platz 7):Wenn man Tanaka und Sekimoto in einem Match gegeneinander stellt, kann nur etwas sehr gutes dabei rauskommen, weshalb es auch nicht verwunderlich ist, dass dies ein klasse Match war. Tanaka bearbeitet im Laufe des Matches clevererweise Sekimotos Arm, nachdem dieser eine Lariat ausserhalb des Rings gegen den Ringpfosten setzte. Zuerst kommen dafür auch Stühle zum Einsatz, was ihm den Heel Status in diesem Match einbringt und die Crowd hinter Sekimoto bringt.
Die Mittelphase des Matches besteht eben aus dieser Armbearbeitung, eben um Daisukes gefährlichen Lariats zu entkommen. Dies wird auch gut von Sekimoto verkauft, jedoch in der Schlußphase total ignoriert, was ich doch sehr schade fand.
So verteilt er gegen Ende Lariats, Chops und Forearms am laufenden Band ohne Probleme. Allerdings erwartet man sich soetwas bei diesen beiden Männern auch, ein wenig hätte sich Sekimoto aber schon den Arm halten können anstatt es völlig zu ignorieren. Erwähnenswert wäre noch das meiner Meinung nach sehr gute Forearm Duell, was sehr stiff geführt war. Tanaka teilt ziemlich aus und sein Gegner kann einem in diesem Fall schon Leid tun. Insgesamt, wie jede Begegnung der beiden ein sehr gutes Match, hätte Sekimoto auch in der Schlußphase zumindest etwas seinen Arm gesellt, wäre sicher eine bessere Platzierung drin gewesen.
Morbo (Platz 6): Es gibt Paarungen, die können einfach nicht schlecht sein, zumindestens für Leute, die den Stil mögen. Eine dieser Paarungen ist sicherlich Daisuke Sekimoto vs Masato Tanaka. Man könnte es auch als das ewige Duell nennen, so oft haben die Beiden schon sich gegenüber gestanden. Bei so vielen Matches wird es auch schwer, sich das Beste herauszupicken, doch gewinnt das vorliegende Bjw Match das Rennen. Grundsätzlich ist das Szenario schon interessant. Auf Zero One Boden ist stets Tanaka als Aushängeschild der Favorit und Daisuke der Außenseiter, der sicherlich für seine Leistungen anerkannt wird. Doch auf BJW Boden ist Daisuke klar der Fave und Tanaka ist in der Heelrolle. Das nimmt die Korakuen Crowd sofort auf und so ist für Stimmung gesorgt, schließlich erhofft man sich endlich den ersehnten Sieg von Daisuke über Tanaka. Die Beiden bieten auch schnell was man von ihnen sehen will. Nach einem ruhig gehaltenen Anfang mit mehreren Kräftemessungen geht es schnell auf die Lariats zu. Daisuke spielt auch wieder Supermann und rennt mit voller Wucht gegen das Turnbuckle.
Strittig wird es natürlich ab dem Punkt der Armbearbeitungen von Tanaka an Daisuke. Man könnte Daisuke vorwerfen das er das Selling vernachlässigt oder gar vergisst. Man könnte aber auch sagen dass der Armwork nicht wirkte. Das wird jeder so auslegen wie es ihm grad passt. Ich stör mich jetzt nicht so sehr dran aber etwas mehr Selling hätte mir auch besser gefallen. Natürlich gibt es auch den ein oder anderen No Seller zu viel, der ins Gewicht fällt aber für die Paarung üblich ist. Doch sind die letzten 5-10 Minuten ganz großes Kino. Sekimoto kann aus dem Running Elbow auskicken, mehrere Deadweight Germans führen zu Herzschlag Nearfalls und spätestens beim Deadweight auf dem Apron und vom Apron in den Ring steh auch ich Kopf. Letztendlich ein Match, was für mich zu recht unter den letzten 10 steht. Subtrahiert man die Noseller und addiert die grandiosen letzten Minuten, so kommt man auf ein sehr gutes Heavyweight Match.
Platz 9 (2x Platz 6, 2x Platz 10): Yuki Ishikawa, Alexander Otsuka & Munenori Sawa vs Daisuke Ikeda, Katsumi Usuda & Super Tiger II, BattlArts,
26.7
Robert S (Platz 6): BattlArts war im Herbst dieses Jahres in Japan-Fankreisen eines der Top Gesprächsthemen und dieses Match war nicht zuletzt einer der Hauptgründe dafür. Eine kurze Erklärung, was Bat-Bat (Wrestlingstil von BattlArts, ausgesprochen Batsch-Batsch) ist: Bat-Bat ist eine Mischung aus extrem harten Strikes, halbwegs realistischem Matwrestling und einer Handvoll Suplessen reingemischt. Die Liga war 2001 praktisch am Ende und erst seit 1-2 Jahren veranstaltet man wieder regelmäßig (14 Shows 2008). Bis auf Super Tiger II (ein Schüler des originalen Tiger Masks Satoru Sayama) stammen alle aus der ursprünglichen BattlArts Promotion bzw. waren ein wichtiger Teil der Liga. Im Gegensatz zu üblichen Wrestlingregeln werden hier keine Pinfalls erzielt sondern die Matches werden durch KO (10 Count) oder Aufgabe entschieden, teilweise gibt es auch noch eine eingeschränkte Anzahl an Rope Breaks.
Eines vorne weg: dieses Match ist garantiert nicht für jeden. Erstens fand das Match am anderen Ende der Welt vor 200 Leuten statt, zweitens erinnert die Kameraführung an US Indy Zeiten ca. 2001 und drittens ist der Wrestlingstil auch nicht jedermanns Sache.
Was dieses Match so großartig macht ist, dass die Gewalt die diese Matches immer haben hier sehr gut strukuriert wird. In einem Review, das ich auf einem englischsprachigen Board gelesen habe, wurde sehr treffend bemerkt, dass alle Eliminationen zum perfekten Zeitpunkt stattfinden. So etwa fällt Sawa nach einer längeren Sequenz mit Usuda einem Ankle Hold zum Opfer. Die Dramatik die etwa bei diesem Fall erzeugt wird ist ein Spiegel des ganzen Matches: Sawas Partner wollen beide ihm zu Hilfe kommen, können jedoch von Ikeda und Super Tiger zurückgehalten werden, großartig wie dabei Ishikawa nur Zentimeter von Sawa entfernt ist, ihm aber nicht helfen kann.
Der Kampf endet im großen Finale Ishikawa vs. Ikeda. Zur Beschreibung der Brutalität der Strikes, die die beiden austauschen, könnte man sagen, dass Ishikawa einen 3 Way mit Ikedas Ehefrau und seiner Schwester hatte während Ikeda Ishikawas Hund überfuhr. Etwas enttäuschend, dass das Ganze in einem Time Limit Draw (40 Minuten) endete.
Ein kleiner Schwachpunkt in diesem Match ist sicher Super Tiger II, der sich nicht auf dem Level der anderen fünf Männer befindet. Erwähnenswert wäre noch, dass ironischerweise Otsuka zwar einerseits den "pro"-lastigsten Wrestlingstil hat (inkl. Giant Swing und Dragon Suplex), andererseits der Mann in diesem Match ist, der mit Abstand am meisten MMA Kämpfe bestritten hat (17 Stück, davon allerdings nur 4 Siege, wobei der Fairness halber gesagt werden sollte, dass bei den 13 Niederlagen u.a. Kämpfe gegen Ninja Rua, Anderson Silva, Wanderlei Silva, Vovchanchyn, Renzo Gracie, Rampage u. 2x Mezger dabei sind; Ishikawa hat zwei Kämpfe u. Sawa einen bestritten).
Morbo (Platz 10): Das ist für mich das am schwersten zu bewertende Match. Ich bin kein Freund von MMA und ähnlichem. Sicherlich sind heutzutage die Einflüsse vom Shootstyle in vielen Wrestlingmatches in Japan vorhanden und ich sehe Sawa sehr gerne bei Z1, da sein Stil in den Matches Abwechslung reinbringt. Doch ist dies immer noch etwas anderes als wenn ein Match komplett diesen Stil geht. Positiv anzumerken ist sicherlich die Crowd, die zu jeder Zeit im Geschehen präsent ist. Auch ist die Heel Face Verteilung klar und es ist einiges an Intensität vorhanden. Doch dann hört es für auch auf für mich. Denn der Rest sind ewige Submissions und Grappling, das für mich meist zu nichts führt, es sei denn es wird getappt. Sicherlich haben solche Matches eine ganz andere Psychologie, nur ist es für einen Laien wie mich, der eine Wrestlingpsychologie gewohnt ist, schwer mit dieser Art klarzukommen. Auch über mögliches Storytelling kann ich nichts sagen, da ich keins sehe. Lediglich die letzten Minuten zwischen Ishikawa und Ideka weckten noch mal mein Interesse doch so lässt dieses Match mich nach 45 Minuten kalt und es bleib mir nichts anderes übrig, als es auf meinen letzten Platz zu verbannen.
Airwolff (Platz 10): Ich bin ganz ehrlich: Ich war froh als dieses Match vorbei war.
Das Match ist sehr im Shootstyle geführt, und ich kann damit mal so gar nichts anfangen, was auch der Grund dafür sein mag, dass es mir nicht sonderlich gefiel.
Leute, die etwas mehr mit dieser Materie anfangen können, finden es bestimmt gut und ich kann auch gut verstehen, wenn es andere vom Roundtable in den oberen Regionen ansiedeln, aber mir sagt der Stil einfach nicht zu, den muss man nunmal mögen um gefallen an dem Match zu finden, was bei mir ja nun nicht grad der Fall war.
Aber ich muss sagen, die Schlußphase zwischen Ishikawa und Ikeda hat mir dann doch sehr gut gefallen und war sehr spannend, schafft es aber trotzdem nicht das Match besser zu platzieren als Platz 10.
Dynamic-T~! (Platz 6):Und hier kommen wir ohne Umschweife zu dem wohl ungewöhnlichsten Match des diesjährigen Roundtables: BattlArts, eine japanische Shoot-Style Promotion ohne TV-Vertrag, die mit Glück 200 Fans in die Hallen lockt, bei der es aber oft härter zur Sache geht als sonst irgendwo. Da viele hier sicher noch nie was von Shoot Style gehört haben bzw. zumindest noch nie ein Match dieses Stils gesehen haben und da ich es war, der das Match überhaupt erst nominiert hat, eine kleine Einführung:
Shoot Style ist ein in den 80ern und 90ern in Japan extrem populärer Stil, bei dem es darum geht, das Geschehen im Ring möglichst real und echt erscheinen zu lassen, eben wie einen wirklichen Shoot-Fight. Dementsprechend ist es auch wenig verwunderlich, dass im Grunde genommen alle japanischen MMA-Ligen ihren Ursprung im Shoot-Style finden. Top-Rope Aktionen, Highflying und ähnliches sucht man in diesem Stil vergeblich, der Fokus liegt ganz klar auf Striking und Submissions, wobei erstere in der Regel noch härter sind als beim Puro sowieso schon der Fall und letztere sich vor allem auf legitime Aufgabegriffe, wie etwa Armbars, Leglocks, Chokes und ähnliches beschränken. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber definitiv einen Blick wert!
Das Match selber hat, was für diesen Stil durchaus unüblich ist, eine klare Rollenverteilung und Matchstory: Das Team rund um Ikeda sind Heels, greifen ständig in das Match ein und unterbinden jeden Submissionversuch des gegnerischen Teams. Gerade Ikeda, der in den ersten 20 Minuten fast nie legal im Match, aber dennoch ständig im Ring ist, tut sich in dieser Hinsicht besonders hervor. Das Face-Team, allen voran der junge Munenori Sawa, will sich das natürlich nicht gefallen lassen, und so entwickeln sich schon direkt zu Beginn einige intensive Szenen. Alle Eliminationen sind hervorragend und unterstützen die Matchstory, Team Ishikawa muss lange Zeit in Unterzahl antreten, kämpfen sich aber immer wieder ins Match zurück. Neben den beiden BattlArts-Legenden Ikeda und Ishikawa sticht besonders Alex Otsuka durch starke Submissions und brutale Suplessen hervor, doch auch die anderen Teilnehmer wissen durchaus zu überzeugen. Das Match ist insgesamt wahnsinnig stiff geführt, das Finale zwischen Ikeda und Ishikawa setzt dem ganzen jedoch noch einmal die Krone auf und ist wirklich unfassbar brutal und intensiv, wie man es von beiden Wrestlern gewöhnt ist.
/Negativ ins Bild fallen die miserable Kameraführung, da man mehrmals im Match das Gefühl hat, der Kameramann sei eingeschlafen und man so kurzzeitig das Geschehen im Ring aus den Augen verliert, sowie die Tatsache, dass das Match leicht geclippt ist, im Endeffekt dürften aber nicht mehr als zwei oder drei Minuten fehlen. Auf jeden Fall einen Blick wert, aber aufgrund der Länge und des zugegebenermaßen sehr gewöhnungsbedürftigen Stils ist auch für mich nicht mehr als Platz 6 drin./
Platz 8 (1x Platz 5, 1x Platz 8, 2x Platz 9): Masato Tanaka & Ikuto Hidaka vs Koji Kanemoto & Ryusuke Taguchi, Zero-One MAX, 3.2.
Morbo (Platz 5):Vielleicht ist Zero One ein Auslaufmodell doch zumindestens dieses Jahr gab es dank der Hilfe von New Japan eine sehr heiße Fehde. Hotte Korakuen Crowds wurdenverwöhnt mit guten Matches. Ein, wenn nicht sogar das, Highlight bietet das vorliegende Match. Schon der anfängliche Brawl durch die Crowd wird gefeiert und das Posing im Ring von Kanemoto und Taguchi nach anfänglicher Überlegenheit wird mit Buhrufen der Fans verziehrt. Die Njpw Jungs , in ihrer Liga Faces, scheuen sich hier nicht die Fiesling raushängen zu lassen und greifen auch zu Low Blos und ähnlichem. Hidaka muss auch vorerst die Rolle des Prügelknaben einnehmen. Doch er beweißt unter den Chants für ihn Herz und schafft ein Comeback, das in einem weiteren Brawl durch die Crowd sich äußert. Die Njpw Jungs bleiben das dominierende Team und Hidaka darf mehr Prügel einstecken. Doch eine Unachtsamkeit kostet den New Japan Jungs den Vorteil und Hidaka schafft den Tag. Die Endphase wird eingeläutet und Tanaka darf sich den Face Wash von Kanemoto abholen als Provokation gegen Z1 Chef Ohtani. Kanemoto macht auch Hidaka weiterhin das Leben schwer und bearbeitet sein Bein mit dem Ankle Lock. Doch im weiteren Verlauf dreht Hidaka den Spieß um und Taguchi darf seine Beinsubmission spüren. Bei der Crowd gibt es kein Halten mehr und Tanaka legt Taguchi mit einer Submissionserie zu. Doch der kontert den Frogsplash und ringt Tanaka einen Nearfall ab. Doch das alles hilft nicht und Tanaka ringt per Sliding Elbow an Taguchi den Njpw Leuten den Sieg ab. Doch die Sache ist noch lange nicht gegessen und auch nach dem 3 Count wird munter weitergebrawlt. Was bleibt ist ein intensiver Fehdenkampf. Das Match ist ein kleiner Höhepunkt aus vielerlei Sicht. Man schafft es durch klare Heel Face Verteilung eine intensive Spannung aufzubauen, die die Crowd verständlicherweise sofort schluckt. Gerade Kanemoto und Taguchis grandioses Heelspiel macht dieses Match so sehenswert. Ihnen und der Crowd hat man es zu verdanken, dass das Match sich anfühlt, als sieht man gerade etwas ganz großes.
Dynamic-T~! (Platz 9): Dieses Match repräsentiert die wohl größte Fehde des Puro-Jahres, nämlich die zwischen den Ligen NJPW und Zero-One. Wie bereits die großartige NJPW vs NOAH Junior Fehde anfang des Jahrzehnts eindrucksvoll bewiesen hat, besitzen Promotion vs Promotion Fehden einen ganz besonderen Reiz, z.B. eben die Tatsache, dass es keine klaren Faces und Heels gibt bzw. die Rollenverteilung fließend wechselt,jeweils abhängig von der Liga, in der die Matches stattfinden.
Nach dem Hinkampf bei NJPW, indem die damals natürlich als Heels auftretenden Z1ler den Sieg davontragen konnten, fand der Rückkampf natürlich mit vertauschten Rollen statt , diesmal sind die NJPW-Wrestler Kanemoto und Taguchi die gehassten Invasoren, wohingegen Tanaka und Hidaka die Ehre ihrer Liga zu verteidigen gedenken.
Die Atmosphäre des Matches ist sehr cool, das Publikum ist dank der klaren Rollenverteilung sehr hot, aber auch etwas gespalten, da sich ebenfalls einige NJPW-Fans in der Halle befinden, die natürlich wiederum ihre Helden anfeuern, was für eine sehr interessante Dynamik sorgt.
/Der Hass und die Brisanz der Fehde wird im Matchverlauf deutlich, ebenso ist das Finish sehr gut, dennoch fehlt mir bei diesem Match das gewisse Etwas, das Feuer der Fehde will irgendwie nicht 100%ig überspringen, sodass das ganze Match für mich leider etwas unter den Erwartungen zurückbleibt. Wie man an dieser leicht schwammigen Kritik schon merkt, einen wirklich konkreten Kritikpunkt habe ich aber auch nicht vorzuweisen, hat mir einfach nicht so gut gefallen wie ein Großteil der anderen Nominierungen./
Robert S (Platz 9): Dieses an sich gute Junior Heavyweight Tag Team Match ist Teil der Fehde zwischen New Japan und Z1-MAX und hat auch wegen dem Austragungsort (Korakuen Hall) eine tolle Atmosphäre. Das Match entwickelt sich, wie man es erwarten würde: Nach einem heißen Brawl zu Beginn wird Hidaka (der wie immer sehr gut im Selling ist) isoliert und vor allem von Kanemoto (der, wenig überraschend, in dieser Rolle wie üblich großartig ist) gequält. Das Match wird für mich jedoch durch einige Punkte abgewertet:
- Taguchi hat nicht annähernd die Ringpräsenz seines Partners, er wirkt hier öfters direktgehend als Heat-Töter, wodurch er mit Fortdauer des Matches von Kanemoto kaum mehr in den Ring geschickt wird.
- Die Brawls in den Zuschauerrängen mögen zwar für die Leute in der Halle sehr gut hinüber kommen, ich persönlich bin jedoch (als TV Zuseher) kein großer Fan von solchen Spots, vor allem wenn sie wie hier im Mittelteil das Match eher bremsen als anheizen (der Eröffnungsbrawl hingegen ist sehr gut gewählt und gibt gleich richtig Tempo vor).
- Irgendwie hatte ich das Gefühl, als ob die Intensität des Matches mit Dauer des Kampfes eher abnahm als zunahm, was eigentlich nicht so sein sollte. Die aufgebaute "Face-in-Peril" Heat wurde von Hidaka und Tanaka eigentlich kaum umgesetzt (nur der Shawn Capture steht da zu Buche).
Airwolff (Platz 8): Nettes Match. Es startet direkt mit einem Brawl in den Zuschauern, was auch gut die intensive Fehde von Zero 1 und New Japan darstellt.
Da dieses Match bei einer Zero 1 Veranstaltung stattfindet, ist es natürlich klar, dass die beiden NJPW Wrestler die Heels sind und von den Zuschauern bei jeder Aktion ausgebuht werden, während Tanaka und Hidaka bei jeder Aktion bejubelt werden und die Unterstützung vom Publikum haben.
Die Schlußphase des Matches ist auch gleichzeitig meiner Meinung nach das Highlight, sehr schön und schnell.
Zu mehr als dieser Platzierung reicht es bei der starken Konkurrenz jedoch nicht.
Platz 7 (1x Platz 6, 1x Platz 7, 2x Platz 8): Daisuke Sekimoto & Yoshihito Sasaki vs Takashi Sasaki & Yuko Miyamoto, BJW 2.1.)
Dynamic-T~! (Platz 8): Eine Sache bleibt einem bei diesem Match besonders in Erinnerung: Das Finish. Dieses ist nämlich absolut bombastisch und großartig, gerade Sekimoto zeigt, was in ihm steckt und faltet den armen Miyamoto ein ums andere Mal auf böseste Art und Weise zusammen, welcher wiederum große Nehmerqualitäten zeigt und doch immer wieder den Kickout schafft. Erfreulicherweise artet das Finish jedoch keineswegs wie leider heutzutage im Puroresu vielzu oft in totalen Overkill aus, es gibt weder 1-Counts, noch die berühmt-berüchtigten "Fighting-Spirit" und "No-Sell"
Sequenzen, die ja besonders Daiske sehr gerne auspackt. Hier ist er aber glücklicherweise nur in der Offensive und tut das, was er am besten kann: Seine Gegner wie Puppen durch die Gegend schmeißen. Miyamoto ist sowieso, wie den fleißigen BJW-Guckern bekannt sein sollte, eh der geborene Underdog, geht also im Finish auch vollkommen auf.
/Warum schafft dieses Match es also trotz dem erwähnt starken Finish doch nur Platz 8? Nun, das Finish ist meiner Meinung nach wirklich auch das Einzige, dass einem bei dem Match wirklich im Gedächtnis bleibt, der Rest des Matches ist sicherlich keineswegs schlecht, aber auch eben in keinster Weise herausragend oder einprägsam. Unterm Strich bleibt natürlich ein gutes Match, viel mehr jedoch auch nicht, somit reicht es leider nur für die unteren Ränge./
Airwolff (Platz 7): Man muss Miyamoto einfach lieben, denn er ist (wie auch in diesem Match) der klassische und wircklich perfekte Underdog, der einstecken muss wie nur sonstwas. Aber genau deswegen stehen die Fans hinter ihm und fiebern bei jedem Cover von ihm mit. Das ist ein ganz großer Pluspunkt dieses Matches.
Ein weiterer ist sicherlich die Endphase, in der eben genannter Miyamoto am laufenden Band von Sekimoto einsteckt, trotzdem aber aus allem möglichen auskickt und zwischendurch sogar selber mit einigen Roll-Ups Nearfalls erzielt, die das Publikum glauben lassen man würde hier neue Tag Team Champions sehen.
Auch die andern 3 Männer überzeugen, vorallem Sekimoto in der shcon erwähnten Schlußphase mit Miyamoto. Der Grund, warum das Match nicht höher plaziert ist, ist IMO dass in der Anfangsphase einfach zu wenig passiert. Aber das ist sicherlich Geschmackssache, zweifelsohne jedoch ein Match was man gesehen haben sollte.
Morbo (Platz 6): Ein Match wie das Vorliegende ist in der Regel wie eine Tiefkühlpizza. Gibt zwar besseres aber in der Regel ist man gut bedient und es ist ne sichere Nummer. Miyamoto durfte mehr als einmal sich gegen Takashi Sasaki in Deathmatches beweisen und nun teamen Beide gegen das Killerteam von Yoshihito Sasaki und Daisuke. Miyamoto wird auch schnell zur Zielscheibe der Tag Champs und wird isoliert. Dabei muss er einige Submissions, Chops und Suplessen einstecken. Die Korakuen Crowd zieht er damit in seinen Bann, die den Hot Tag feiert. Und nun heißt es Vorhang auf für die Schlussphase. Neben der üblichen Nearfall Galore Serie gibt es eine Lariat Sprint Phase von Yoshihito und Daisuke, die zeigt warum die Beiden ein tolles Team und zu recht Tag Champs seinerzeit waren. Auf der Gegenseite darf Takashi eine Emerald Fusion auspacken während Miyamotos Moonsault auf Yoshihito mit Cover rücksichtslos durch einen Deadweight German von Daisuke gestoppt wird. Miyamoto zeigt bis zum Schluss Herz und kickt noch einige Killermoves aus, was die Fans immer mehr zu Miyamoto Chants animiert. Mehrere Herzschlag Nearfalls von Miyamoto bringen noch das Faß zum überlaufen bis nach 23 Minuten er sich nach einem erneuten Deadweight von Daisuke geschlagen geben muss. Unterm Strich sehr gute Unterhaltung und definitiv ein Blick wert und bei mir fast in der Mitte gut platziert.
Robert S (Platz 8): In diesem Match standen vier Leute, die sich alle irgendwo an der Grenze zwischen Heavyweight und Junior Heavyweight befinden, die aber alle (bis auf Miyamoto) einen Heavyweight-artigen Wrestlingstil gehen. Dementsprechend war das Match auch schnelle Heavyweight-Action in Reinkultur. Harte Strikingduelle, schön durchgezogene Suplessen, der ein oder andere Highflying Move, alles dabei.
Einerseits bietet das Match keine tiefgehende Geschichte (weder im Ring noch als Hintergrund), andererseits ist der Matchaufbau gut durchgeführt, das Tempo wird clever gesteigert, und obwohl am Schluss einige Big Moves kommen hatte ich nie das Gefühl eines Overkills oder eines zu schlampigen Sellings.
An die absolute Spitze des Jahres kommt das Match für mich nicht heran, dafür war einfach das Material etwas zu dünn, aber für das was das Match war (eben ein Heavyweight Spektakel mit guter Temposteigerung) war es sehr gut.