ZitatOriginal geschrieben von Kir Royal:
Jeder kann doch den Test machen? Was hat nun Merkel in 12 Jahren Kanzlerschaft alles erreicht? Was ist besser geworden für den Bürger? Wo haben euch persönlich Politiker in eurem Leben geholfen oder etwas Gutes getan mit irgendeiner Reform? Was ist denn besser geworden unter Schröder oder Merkel?
Zunächst einmal scheinen sehr viele Leute, diesen Test positiv zu bescheiden, ansonsten würde Frau Merkel jetzt nicht zum dritten Mal wieder gewählt werden. Auch direkte Umfragen kommen regelmäßig zu dem Ergebnis, dass es mehr Leute heute besser geht als vor 10 Jahren als umgekehrt.
Aber darüber hinaus ist dein Test nicht besonders geeignet für die Bewertung der politischen Arbeit. Er ist zunächst einmal von grundauf egoistisch. Wenn mein Bürgermeister in meinem Dorf dafür sorgt, dass ein Kindergarten gebaut wird, der den hier lebenden Eltern das Leben erleichtert, demonstriere ich doch nicht vor dem Rathaus dagegen oder wähle stattdessen nächstes Mal den rechtsradikalen Kandidaten, nur weil ich selbst keine Kinder habe und daher nicht von diesem politischen Projekt profitiere.
Desweiteren ist eine Bundeskanzlerin nicht meine Putzfrau. Wenn meine Wohnung dreckig ist, muss eine Putzfrau engagieren und nicht eine neue Bundeskanzlerin wählen. Ganz im Gegenteil, als Liberaler würde ich sogar sagen: Eine Bundeskanzlerin hat gefälligst überhaupt nicht in mein Leben einzugreifen, sondern sich um das Land zu kümmern. Dafür wird sie gewählt. Und da gerät dein Test dann außerdem an eine praktische Schwierigkeit. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr niedrig. Profitiere ich davon nun oder nicht? Selbst wenn ich davon ausgehe, dass es ohne die Politik Schröders und Merkels ein paar Millionen mehr Arbeitslose gäbe, wäre mein persönlicher Arbeitsplatz davon betroffen? Und wäre die neue Straße, die mir jeden Tag meinen Arbeitsweg um 10 Minuten verkürzt auch gebaut worden, wenn 100 Milliarden weniger im Haushalt wären? Etc.
Ich kann Bundespolitik doch nicht auf einen Einzelnen herunterbrechen. Weil der Ansatz erstens schon falsch ist, weil er zu egoistisch ist. Wenn es durch die Politik 80 Millionen im Land besser geht und einem schlechter, was sagt das aus, wenn ich mir den einen anschaue? Und weil der Ansatz zweitens falsch ist, weil er die Aufgabe von Bundespolitik völlig verklärt. Große allgemeine politische Maßnahmen kommen nur sehr mittelbar bei einem einzelnen Bürger an und mit sovielen Zwischenschritten, die eigene Wirkungen entfalten, dass man als Einzelner für einen einzelnen Fall nur sehr selten überhaupt bewerten kann, ob und inweit es eine Kausalität gibt.